Wie die EU das Internet reguliert

Der Digital Services Act (DSA)

Die vorläufige politische Einigung für den Digital Services Act wurde am 23. April 2022 verkündet. Der finale Gesetzestext lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor.
“„Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass das, was offline illegal ist, auch online illegal ist.“„
Christel Schaldemose
Mitglied des Europäischen Parlaments, Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten
Während der DMA vor allem einen fairen Wettbewerb garantieren soll, hat der Digital Services Act (DSA) den Schutz von Internetnutzern, Verbrauchern und Gesellschaft vor Desinformation, Manipulation, Hass und Gewalt zum Ziel. „Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass das, was offline illegal ist, auch online illegal ist“, betont die Europaabgeordnete und Leiterin des parlamentarischen DSA-Verhandlungsteams Christel Schaldemose.
Anders als der DMA betrifft der DSA nicht nur grosse Anbieter, sondern alle sogenannten Online-Vermittler.
Allerdings werden sehr grosse Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzer deutlich strenger kontrolliert als weniger populäre Angebote. Die Europäische Kommission erhält für diese Anbieter die alleinige Aufsichtsbefugnis, arbeitet dabei aber mit den europäischen Mitgliedsstaaten zusammen.
Neben dem Schutz der Verbraucher und Nutzer will der DSA auch für mehr Transparenz sorgen. Online-Marktplätze müssen Informationen über die verkauften Produkte und Dienstleistungen erheben, die Legalität der Angebote stichprobenartig mit offiziellen Datenbanken abgleichen und Konsumenten „angemessen“ informieren. Was das konkret bedeuten soll, ist aktuell allerdings noch nicht klar.
Beim Einsatz von Empfehlungsalgorithmen sollen Anbieter zukünftig erklären müssen, wie die Ergebnisse zustande kommen. Sehr grosse Plattformen und Suchmaschinen müssen zudem eine alternative algorithmenfreie Sortierung der Inhalte beziehungsweise Suchergebnisse anbieten, etwa alphabetisch oder nach Datum. Sie sind ausserdem verpflichtet, jährlich eine Risiko- sowie eine Risikominderungsanalyse durchzuführen und unter anderem zu prüfen, wie sich die Nutzung ihrer Dienste auf die Verbreitung von illegalen Inhalten, Gewalt und Diskriminierung, die Einschränkung von Grundrechten, die Gefährdung demokratischer Prozesse, die geistige und körperliche Gesundheit der Nutzenden und die öffentliche Sicherheit auswirkt. Als illegal eingestufte Inhalte sind zu löschen, wie dies in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz bereits vorsieht. Eine Vorabprüfungspflicht gibt es jedoch nicht.
Weniger scharf ist das Gesetz dagegen beim Thema Targeted Advertising ausgefallen. Während erste Entwürfe personalisierte Werbung noch komplett unterbinden wollten, beschränkt sich das Verbot nun auf Minderjährige. Werbetreibende dürfen zudem keine sensiblen Daten wie Informationen zu politischen Einstellungen oder der Religionszugehörigkeit mehr sammeln.
Der Einsatz sogenannter Dark Patterns, die Verbraucher gezielt in die Irre führen, soll hingegen komplett verboten werden. Dark Patterns finden sich häufig bei der Cookie-Einwilligung: Der Button „Alles akzeptieren“ wird gross herausgestellt, während der „Ablehnen“-Button kaum sichtbar ist. Zukünftig müssen alle Optionen gleichwertig dargestellt werden.
Aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine wurde ein neuer Artikel in den Gesetzestext aufgenommen, der Notfallmechanismen im Fall einer Krise beschreibt. Er soll eine schnelle Reaktion ermöglichen, etwa wenn Grundrechte durch Manipulation von Online-Informationen gefährdet sind.
Wenn Unternehmen die Vorschriften nicht einhalten, drohen ihnen Geldstrafen von bis zu 6 Prozent des jähr­lichen weltweiten Umsatzes, also deutlich weniger als die Maximalstrafen, die der DMA vorsieht.




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