Wie die EU das Internet reguliert

Der Digital Markets Act (DMA)

Am 24. März 2022 verkündeten EU-Rat und Europäisches Parlament die „vorläufige politische Einigung“ über den Digital Markets Act. Die Verordnung gilt damit als weitgehend final. Am 11. Mai wurde der Gesetzestext veröffentlicht.
“„Wir werden dafür sorgen, dass die digitalen Märkte offen und fair sind.“„
Andreas Schwab
Mitglied des Europäischen Parlaments, EVP (Christdemokraten)
Der DMA zielt auf sogenannte Gatekeeper wie Amazon, Google und Facebook/Meta, die sich durch ihre Marktmacht unfaire Wettbewerbsvorteile verschafft haben. Die Praktiken der Konzerne führten schon in der Vergangenheit regelmässig zu Klagen und Sanktionen. „In den Jahren, in denen ich als Wettbewerbskommissarin tätig war, sind immer wieder Beschwerden bei uns eingegangen“, berichtet Kommissions-Vizepräsidentin Vestager. So verhängte die EU beispielsweise 2017 eine Rekordstrafe von 2,4 Milliarden Euro gegen Google, weil der Suchmaschinenbetreiber seinen eigenen Preisvergleichsdienst in Suchen besser platziert hatte als die Alternativangebote der Mitbewerber. Gegen Amazon, Apple und Facebook/Meta sind ebenfalls mehrere Kartellklagen anhängig. Häufig ziehen sich diese Verfahren allerdings über viele Jahre, da die Konzerne üblicherweise bis zur letzten Instanz gegen die Strafbefehle klagen.
Mit dem DMA soll nun die Position der Wettbewerbs­hüter gestärkt und der Machtmissbrauch durch die Gatekeeper eingehegt werden. „Wir werden dafür sorgen, dass die digitalen Märkte offen und fair sind“, verspricht Andreas Schwab, Europaabgeordneter und DMA-Berichterstatter für das Europäische Parlament. Anders als etwa die DSGVO betrifft das Gesetz nur sehr grosse Konzerne, die in drei oder mehr EU-Mitgliedsstaaten Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Betriebssysteme, Online-Marktplätze oder Chatprogramme betreiben beziehungsweise anbieten. Ausserdem müssen sie entweder eine Markt­kapitalisierung von mindestens 75 Milliarden Euro oder einen jährlichen Umsatz von über 7,5 Milliarden Euro im europäischen Wirtschaftsraum über die vergangenen drei Jahre aufweisen. Als Gatekeeper gilt ausserdem nur, wer im vergangenen Jahr über 45 Millionen aktive monatliche Nutzerinnen und Nutzer und 10.000 Geschäftskundinnen und -kunden innerhalb der EU erreicht hat.
Diesen Gatekeepern erlegt der DMA bestimmte Pflichten auf. So müssen sie den Endnutzern von Geräten erlauben, vorinstallierte Software zu entfernen. Auch dürfen die Unternehmen ihre Produkte nicht in eigenen Suchmaschinen höher einstufen als die Angebote der Konkurrenz, was insbesondere die Google-Suche und Amazon betreffen dürfte. Zahlungsmöglichkeiten dürfen zudem nicht auf die eigenen Zahlungsmethoden beschränkt werden – ein Passus, der wohl vor allem auf Apple und Apple Pay zielt.
“„In den Jahren, in denen ich als Wettbewerbskommissarin tätig war, sind immer wieder Beschwerden bei uns eingegangen.“„
Margrethe Vestager
Executive Vice-President der EU-Kommission und EU-Kommissarin für Wettbewer
Bei Messenger-Diensten gibt es eine Verpflichtung zur Interoperabilität, die allerdings zunächst nur den Transfer einzelner Nachrichten betrifft. Dabei soll die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung erhalten bleiben. Weiterführende Funktionen wie Gruppenchats sollen erst später Messenger-übergreifend zur Verfügung stehen. Ferner dürfen die Gatekeeper persönliche Daten von Nutzerinnen und Nutzern aus verschiedenen Kerndiensten nicht mehr ohne deren Zustimmung zusammenführen.
Halten die Unternehmen diese Vorgaben nicht ein, drohen Strafen von bis zu 10 Prozent des jährlichen weltweiten Umsatzes des vorherigen Jahres, bei wiederholten Verstössen sogar von bis zu 20 Prozent.




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