"Spotify für Mode": Das plant Zalando für die Zukunft

Wenn aus GAFA GAFAZ wird

In der Praxis heisst das: Modefans sollen den bestmöglichen Zugang zu Mode bekommen. Wer preiswert kaufen will, soll direkt bei den Textilherstellern kaufen können. Wer Inspiration braucht, kann sich bei Modebloggern oder Modezeitschriften informieren und anschliessend die empfohlenen It-Pieces bestellen. Alternativ kann auch ein Stylist des Vertrauens das perfekte Outfit für den eigenen Typ zusammenstellen. Gefällt das Kleid einer Passantin auf der Strasse, lässt sich per Mausklick recherchieren, in welchem Geschäft in der Nähe es verfügbar ist. Junge Designer umgehen das Nadelöhr Handel und sprechen Kunden direkt an - online oder auf der inzwischen ebenfalls zu Zalando zählenden Modemesse "Bread & Butter". Und Brands können sich mit digitalen Flagship-Stores auf der Zalando- Plattform - und damit in bester digitaler Einkaufslage - präsentieren.
Im Zalando-Betriebssystem soll also jeder mit jedem handeln können - und Zalando verdient mit, sei es durch Provisionen oder Services wie dem angekündigten Fulfillment by Zalando. Nicht erst seit Amazon weiss man, dass hier die attraktiveren Margen zu holen sind. In die Hoffnung, den Anteil von gegenwärtig einem Prozent am europäischen Modemarkt in Zukunft auf fünf Prozent ausbauen zu können, investiert Zalando viel Geld: Zwei Prozent des Ebit sollen 2016 in den Ausbau von Zalando als Plattform investiert werden, weitere drei Prozent fliessen in den Ausbau der eigenen kommerziellen Aktivitäten, sei es in die Steigerung der Kundenzufriedenheit, das Sortiment, mobile Angebote, mehr Convenience oder in die Markenstärkung.

Welteroberung durch die Hintertür

Jugendlicher Sturm und Drang und visionärer Charme, der die Zalando-Manager acht Jahre nach der Unternehmensgründung immer noch vorantreibt, lässt leicht übersehen, dass es für eine Branche unter Umständen wenig förderlich bis sehr gefährlich ist, wenn ein Player den Zugang zur kompletten Zielgruppe kontrolliert. Damit nur ja keiner auf die Idee kommt, dass das in der digitalen Welt so gefürchtete GAFA-Monopol (Google, Amazon, Facebook und Apple) flugs noch um ein "Z" für Zalando ergänzt werden könnte, gibt man sich in Berlin bewusst freundschaftlich.
"Interessant ist, wie im Zalando-Jargon immer von 'Partnern' geredet wird", konstatiert der E-Commerce-Berater Jochen Krisch in einem seiner jüngsten Podcasts zum Thema Zalando. Das früher im Handelsjargon gebräuchliche Wort "Lieferanten", in dem schon eine gewisse Machtdefinition mitschwinge, werde tunlichst vermieden. Und auch dem Handel gegenüber werden nur die positiven Aspekte betont. "Distributed Commerce" heisst der Euphemismus, der verschleiert, dass das Zalando-Betriebssystem - wenn es denn gelingt - den stationären Händlern im Grunde ihre ureigene Daseinsberechtigung nimmt. Statt Sortimente zu kuratieren, Kunden zu beraten und zu inspirieren, werden sie zu kundennahen Logistikzentren und Erfüllungsgehilfen degradiert, die nur noch Ware vorrätig haben und diese dann dem Kunden direkt oder per Same-Day-Delivery-Logistiker (SDL) ausliefern.
Wie schnell sich der Wind in der Zalando-Welt drehen kann, zeigt laut Jochen Krisch der gegenwärtige Umgang mit der Presse. Ging das Kommunikationsteam bislang mit den Medien sehr partnerschaftlich um, sei im März deutlich geworden, dass die Zalando-PR inzwischen sehr genau darüber wacht, was wem gegenüber kommuniziert wird. So war der für Journalisten veranstaltete "Play Day" in diesem Jahr deutlich weniger informativ als der wenige Tage später folgende "Capital Markets Day" für Analysten und Anleger. Zu diesem allerdings war die Presse nicht zugelassen. Wenn Zalando in ähnlicher Weise irgendwann die Zugänge zu Kunden reglementiert, könnte dies Marken und anderen "Partnern" bitter aufstossen.
Doch noch herrscht bei Zalandos Industriepartnern eitler Sonnenschein. Vor allem die Brands lassen sich augenscheinlich gerne von Zalando umgarnen und weichen ihre sonst sehr selektiven Vertriebsstrategien zugunsten des Moderiesen mehr und mehr auf. Das liegt nicht nur daran, dass die Berliner pro Monat 450 Millionen Visits modebegeisterter Online Shopper generieren und Modemarken da sein müssen, wo ihre Kunden sind. Vielmehr investierte Zalando im vergangenen Jahr auch viel Geld und Mühe, um für Brands die richtige Wohlfühlatmosphäre zu schaffen.



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