Future of Fashion 03.05.2016, 08:28 Uhr

"Spotify für Mode": Das plant Zalando für die Zukunft

Das ambitionierte Ziel von Zalando, zum Betriebssystem für Mode werden zu wollen, mag die Phantasien der Börse beflügeln. Für den Handel ist die Strategie aber vor allem eines: gefährlich.
(Quelle: Zalando)
Eine Geschichte, wie sie der Berliner Modeversender Zalando schrieb und noch immer schreibt, findet man in der deutschen Wirtschaft nicht oft: Innerhalb von acht Jahren mauserte sich das Unternehmen von einem Nobody zum grössten Online-Modehändler in Europa mit einem Jahresumsatz von knapp drei Milliarden Euro. Wenn das Wachstum weiter anhält, wird aus Zalando in sechs Jahren ein Zehn-Milliarden-Euro-Konzern.
Erst hämisch, dann ungläubig und schliesslich respektvoll musste der klassische deutsche Modehandel mitanschauen, wie Zalando umsatzseitig scheinbar mühelos und in kürzester Zeit zu Branchengrössen wie C & A, Karstadt, H & M oder Otto aufschloss und dabei auch noch den Break-even wuppte. Die gerade erschienenen, vorläufigen Quartalszahlen zeigen: Mit einem Umsatz von 788 bis 801 Millionen Euro für das erste Quartal wächst Zalando weiter mit 22,5 bis 24,5 Prozent. Das schaffen in Europa sonst nur noch ein bis zwei Prozent aller Unternehmen. Das bereinigte Ebit ist mit zwölf bis 28 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr zwar rückläufig, aber immer noch deutlich positiv. "Der europäische Markt machte es uns leicht, aus dem Nichts heraus einen Marktführer aufzubauen", spöttelte Zalando-Mitgründer Rubin Ritter auf dem jüngsten "Zalando Capital Day" im März in Berlin. Der Grossteil der Branche sei offline und nähere sich dem Thema Online und Mobile nur sehr langsam an.

Webshop ist out, Plattform ist in

Während in den Chefetagen der etablierten Modehändler mitunter noch über Sinn und Unsinn eines eigenen Webshops diskutiert wird und die Mobile-Strategie höchstens darin besteht, den eigenen Shop im Responsive Design zu gestalten, ist Zalando der Branche zumindest strategisch schon längst wieder um einige Pferdelängen voraus. Basierend auf der Erkenntnis, dass eine Branche, die Probleme jahrhundertelang auf die gleiche Art und Weise löst, Gefahr läuft, ersetzt zu werden, feilen die Berliner längst nicht mehr nur an der perfekten Produktpräsentation oder dem bequemsten Checkout. Wissend, dass es im Handel der Zukunft nicht mehr nur darum geht, Produkte vom Verkäufer an den Kunden zu bringen, versuchen sie, für Kunden neue Services zu entwickeln und so weniger austauschbar zu sein.
Als neuen USP hat sich Zalando auf die Fahne geschrieben, den Zugang zu Mode zu "demokratisieren". Dafür will das Unternehmen zu einer Plattform oder, noch konkreter, zu einer Art "Betriebssystem für Mode" werden, an das sich alle Beteiligten der Branche nach Belieben andocken können, seien es Brands, unabhängige Designer, Textilfabriken, Händler, Content-Provider oder Intermediäre wie Stylisten und Logistikdienstleister. "Wir müssen unser Businessmodell viel breiter denken als bisher und über den Grosshandel hinausgehen", erklärt Ritter. "Und wir müssen viel mehr Partner als heute zusammenbringen." Das verbindende Element ist Technik.



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