Geschwindigkeit statt Geld: Verlage in der Vermarktungsfalle

"Google und Facebook haben das Lesen im digitalen Zeitalter auf eine andere Ebene gehoben"

Als Verantwortlicher für alle Social-Media-Plattformen beim Sender Sport1 hat sich Max Retzer intensiv mit Facebook Instant Articles und Google AMP beschäftigt.
Max Retzer, Head New Platforms and Distributed Media bei Sport1
Seit wann setzen Sie bei Sport1 auf Facebook Instant Articles (IA) und Google AMP?
Max Retzer: Seit Ende Dezember 2015 sind wir mit Instant Articles auf Facebook live und waren Beta-Partner in Deutschland. Mit und für Google waren wir Launch-Partner der AMP im Februar dieses Jahres.
Wird jeder Ihrer Artikel automatisiert über FB IA und Google AMP ausgespielt oder entscheiden Sie das händisch?
Retzer: Nein, nicht jeder Artikel wird automatisch als IA publiziert. Wir treffen hier eine manuelle Auswahl. Verschiedene Link Posts wollen wir zum Beispiel nicht als IA ausspielen, weil eine bessere Monetarisierung auf unserer Website erfolgt. Bei Google sieht es anders aus. Ausser Artikel, in denen Videos integriert sind, wird jeder Artikel als AMP ausgespielt. Dies ist aber eine technische Lösung, die von Anfang an von Google zur Verfügung gestellt wurde.
Was verspricht man sich bei Sport1 von beiden Modellen?
Retzer: Hauptsächlich geht es um die Nutzerfreundlichkeit und um die technische Innovation. Für Sport1 ist es sehr wichtig, alle Trends und technischen Neuerungen mitzugehen und mitzugestalten. Sport1 versteht sich im Digital- Bereich nicht mehr nur als Publisher, sondern auch als Innovationstreiber und Tech Company.
Vermarktet Sport1 die FB IA selbst oder übernimmt die Vermarktung Facebook?
Retzer: Die Vermarktung wird von Facebook selbst übernommen. Es gab aber schon erste Tests mit Eigenvermarktung durch unseren Vermarkter Sport1 Media. Die Idee ist hier, Native Advertising in Form von Brand Stories als IA auszuspielen. Brand Stories sind Artikel, in denen spezielle Produkte genauer unter die Lupe genommen werden. Das können zum Beispiel thematisch passende Merchandising- Artikel wie Fussballtrikots sein.
Ist die technische Implementierung kompliziert?
Retzer: Da wir bei beiden Angeboten in einer Beta- und bei Google sogar in der Alpha-Phase mitgestaltet haben, gab es mitunter auch Schwierigkeiten. Wir wurden hier sowohl von Facebook als auch von Google sehr gut unterstützt, sodass wir IA und AMP innerhalb von einem Monat entwickeln konnten.
Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Retzer: Insgesamt fällt unser Fazit sehr gut aus: Redaktionell gibt es keine grossen Änderungen im Workflow. Das war und ist uns sehr wichtig. Die tägliche Arbeit darf nicht beeinträchtigt werden. Da Google eigentlich vollautomatisch läuft, haben wir hier keinen Aufwand. Bei Facebook haben wir uns für eine manuelle Freischaltung entschieden. Das bedeutet: Ein dafür eingeteilter Redakteur schaltet bis zu 60 Artikel am Tag mit einem Klick frei. Auch dieser Aufwand ist überschaubar.
Wo gibt es Nachholbedarf?
Retzer: Den einzigen Nachholbedarf sehen wir im Bereich Videos - und das auch nur bei Facebook. Wir würden gerne Artikel mit Videos ausspielen, die von uns oder überhaupt vermarktet sind. Dies geht bei Facebook noch nicht. Wir halten es aber für möglich, dass dieses Feature in den nächsten Monaten kommt, da alle Publisher die gleichen Anforderungen haben. Sowohl Google als auch Facebook haben hier innovative und User-freundliche Produkte auf den Markt gebracht, die das Lesen im mobilen Zeitalter auf eine andere Ebene gehoben haben. Ob es derzeit von den Usern tatsächlich honoriert wird, ist nicht genau abzuschätzen. Oft ist es wahrscheinlich sogar so, dass User es gar nicht so richtig wahrnehmen, wenn hier ein Artikel schneller lädt und die Usability einzigartig ist.




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