Fake Shops: So werden die Kunden bestohlen

Viele Betrugsopfer schämen sich

Welches Ausmass der Betrug mit Fake Shops in der deutschen Wirtschaft angenommen hat, ist nicht genau bekannt, Experten schätzen den Schaden auf bis zu 50 Millionen Euro im Jahr. Hans-Joachim Hentschel von der Zentralstelle Prävention Cybercrime vom Landeskriminalamt Niedersachsen nennt das Problem, wie ihn das "Handelsblatt" zitiert, "ziemlich heftig". Der Experte geht zudem von einem hohen "Dunkelfeld" aus. Will meinen: Viele geschädigte Verbraucher zeigen Betrugsfälle nicht an, sei es aus Bequemlichkeit oder aus Scham, weil sie einem Betrüger aufgesessen sind.
Hin und wieder kommt es zu spektakulären Fahndungserfolgen. So meldeten die Behörden in NRW Anfang April 2018 die Festnahme von vier Männern aus dem Rhein-Sieg-Kreis, die mutmasslich rund 800 Kunden um insgesamt bis zu 300.000 Euro geprellt haben. Sie hatten Handys, Laptops und Unterhaltungselektronik zum Kauf angeboten, zum Teil 25 Prozent unter der unverbindlichen Preisempfehlung, also billig genug, um die Kunden an ein wirkliches Schnäppchen glauben zu lassen, und teuer genug, um nicht sofort verdächtig zu wirken. Auf allzu offensichtliche Anfängerfehler hatte das Quartett in diesem Fall verzichtet. Ihr Fake Shop enthielt sogar ein richtiges Impressum, aber mit frei erfundenen Kontaktdaten.

Strukturen erleichtern den Tätern das Handwerk

Dennoch sind solche Fahndungserfolge der Polizei selten, denn die Struktur des Internets erleichtert kriminellen Banden den Aufbau eines Fake Shops, ohne auch nur einen Schritt auf deutschen Boden zu setzen. Man bekommt .de-Domains zwar eigentlich nur bei einem der über 300 deutschen Registrare, die Mitglied der Denic-Genossenschaft sind, doch auch die vertreiben ihre Domains über Reseller. Und eine Identitätsfeststellung, beispielsweise über das Post-Ident-Verfahren, ist bei Domain-Anmeldungen nicht vorgesehen - sie wäre bei über 16 Millionen Domains auch gar nicht möglich.
Ist die Domain-Gebühr erst einmal bezahlt, dauert es mindestens ein Jahr, bis der Registrar erneut an den Domain-Besitzer herantritt. Viele Fake Shops sind aber bereits nach wenigen Monaten wieder offline. Hier rächen sich die Marktbedingungen, die .de zu eine der erfolgreichsten Länder-Domains weltweit gemacht haben: Die Anmeldung ist schnell und ohne grosse Verifikationsmassnahmen möglich, und auch die Kosten sind nicht der Rede wert.

Erst Trust aufbauen, dann zuschlagen

Auch Online-Marktplätze leiden unter betrügerischen Anbietern. Für kurzfristige Beutezüge reicht es oft schon aus, besonders gefragte Angebote anderer Händler zu kopieren und deren Preis deutlich zu unterbieten. Beisst ein Kunde an, erhält er per Mail oft eine Aufforderung, den Kaufpreis vorab unter Umgehung der Plattform zu bezahlen. Damit schlagen die Betrüger zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Plattformbetreiber kann die Zahlungen nicht nachvollziehen - und der Kunde verzichtet auf sämtliche Käuferschutzmechanismen, die beispielsweise ein Bezahlsystem wie Paypal bietet.
Banden, die ihren Betrug länger vorbereiten, gehen noch geschickter vor: Zunächst handeln sie ganz unauffällig mit niedrigpreisigen Artikeln und erzeugen so Transaktionen, die zu positiven Bewertungen führen. Das können im Extremfall auch Luftgeschäfte sein: Es reicht, wenn ein Kunde nur vorgibt, die Ware bezahlt und erhalten zu haben. Solange die Abwicklung des Kaufs nicht über das Fullfillment der Plattform läuft, bekommt der Plattformbetreiber nichts davon mit, vorausgesetzt der angebliche Händler bezahlt seine Provision und die angeblichen Kunden beschweren sich nicht. Ist dann Trust aufgebaut, wird es ernst: Auf einen Schlag bietet der Händler hochpreisige Waren zu vermeintlich günstigen Preisen an. Und wenn dann ein paar Hundert Kunden bestellt und gezahlt haben, ist der Anbieter wie vom Boden verschwunden.

Fake-Flut auf Amazon

Unter einer merkwürdigen Fake-Welle hatte vergangenes Jahr Amazon zu leiden. Der Online-Marktplatz wurde von einer Flut von Angeboten überschwemmt, die zum Beispiel angesagte Film-DVDs zu extrem niedrigen Preisen feilboten - bei einer angekündigten langen Lieferfrist. Der günstige Preis spülte die Angebote in den Suchergebnissen weit nach oben. Offenbar setzten die Täter darauf, dass Amazon den Kunden ihre Auslagen über die A-bis-Z-Kaufabsicherung ersetzt. Welcher Mechanismus dahinter steckt, ist bis heute nicht restlos geklärt - auch der Konzern selbst gab zu dem Phänomen allenfalls ausweichende Antworten.




Das könnte Sie auch interessieren