Vernetzte Stadt 08.07.2017, 11:13 Uhr

Smart Cities: Von schlauen Städten und zögernden Bewohnern

"Smart City", die intelligent vernetzte Stadt, könnte eine Lösung für kommende Probleme der Urbanisierung sein - wenn Politik, Forschung, Privatwirtschaft und Bürger mitziehen.
(Quelle: shutterstock.com/Elenabsl)
Autofahrer in der spanischen Stadt Santander haben wenig Probleme, trotz enger Strassen und viel Verkehr. Eine App sagt ihnen, welche Hauptverkehrsstrassen gerade so voll sind, dass man sie besser meidet. Und wer einen Parkplatz sucht, fragt ebenfalls das Smartphone - das leitet den Fahrer auf schnellstem Weg zum nächsten freien Stellplatz und rechnet dann auch noch die Parkgebühr ab, ganz automatisch. Auch die Müllautos blockieren die Strassen wesentlich seltener als anderswo; sie rücken nämlich nur noch dann aus, wenn die Tonnen, die sie leeren sollen, tatsächlich voll sind - und dann meiden sie tunlichst die Hauptverkehrszeiten.
All diese kleinen Alltagserleichterungen machen Tausende von Sensoren möglich, die in der Innenstadt von Santander verbaut sind: In Ampeln, auf Bussen an Kreuzungen, sogar unter dem Asphalt sammeln die kleinen Messgeräte Daten. Passende Programme werten sie aus, entwerfen Modelle von Verkehrsströmen, Abholrouten für die Müllabfuhr oder Prognosen zur Parktplatzsituation. Das alles passiert vom Bürger weitgehend unbemerkt; der freut sich nur, dass er auf Parkplatzsuche nicht viermal um den Block kreisen muss. Dabei steckt hinter dem digitalisierten Fahrerluxus ein gerüttelt Mass an Innovationswillen, Organisationstalent - und natürlich Geld.

Städte werden smarter - weltweit

Santander ist nur ein Beispiel für einen weltweiten Trend: Überall versuchen grosse und kleine Städte, ihre spezifischen Probleme mithilfe von neuen, vernetzten Technologien zu lösen. In den Grachten Amsterdams entlasten automatisierte Lastkäne den Verkehr. Öffentliche Gebäude in Wien nutzen ihre eigene Abwärme zur Energiegewinnung. Barcelona hat ­seine Verwaltung komplett auf E-Government umgestellt und verkehrt mit seinen Bürgern fast ausschliesslich digital. In der österreichischen Kleinstadt Villach sind 700 Haushalte mit einem "Smart Meter", einem intelligenten Messinstrument zur Energiesteuerung, ausgerüstet. Im chinesischen Yinchuan bezahlen die Fahrgäste ihr Busticket via Gesichtserkennung. ­Kopenhagen will bis 2025 komplett klimaneutral sein. Und Südkorea hat in den Outskirts von Seoul mit Songdo eine digitalisierte Hightech-Stadt aus dem Boden gestampft.
Egal, wo man hinschaut: Städte werden dank des Einsatzes digitaler Technologien intelligenter, vernetzter, nachhaltiger, effizienter. Verwunderlich ist das nicht, denn es ist dringend notwendig, wenn man sich den weltweiten Drang der Menschen in die Städte ansieht.
Schon heute leben laut den Vereinten Nationen 50 Prozent der Menschen in Städten, 2030 werden es weltweit wohl über 70 Prozent sein. Gleichzeitig sind die Städte und Metropol-Regionen die grössten Umweltsünder auf dem Planeten: Obwohl sie nur drei Prozent der weltweit besiedelbaren Landfläche einnehmen, werden 70 Prozent der Abgase hier produziert. Nicht zu vernachlässigen ist auch die wirtschaftliche Komponente: Städte verbrauchen derzeit 75 Prozent der weltweit aufgewendeten Energie. Welch gewaltige Einsparpotenziale hier schlummern, hat kürzlich das World Business Council for Sustainable Development, ein Zusammenschluss von 200 weltweit tätigen Unternehmen, für die US-amerikanische Stadt Houston ausgerechnet: Würde die Stadt ihren Energieverbrauch um 30 Prozent pro Jahr senken, würde das jährliche Einsparungen in ­Höhe von 500 Millionen US-Dollar nach sich ziehen. Die grösste Stadt von Texas hat die Fanfaren gehört und will ihre Investitionen in energieeffiziente Gebäude bis 2020 verdoppeln.




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