So kämpfen Medienunternehmen gegen Adblocker

Technische Massnahmen: Sperren und Counter Blocks

3. (Teil-)Sperren, Blockaden, Registrier-Zwang

Klarer Vorreiter in diesem Segment war Bild.de. Adblocker-Nutzer bekommen seit 2015 überhaupt keinen Content mehr zu sehen, es sei denn, sie schalten die Software ab oder schliessen ein Digital-Abo ab. Auch G + J sperrt seine Portale Schoener-wohnen.de, Essen-und-trinken.de und Living-at-home.de für Adblocker-Nutzer komplett. 
Jüngst sorgte die Süddeutsche Zeitung hier für Aufsehen. Sie entschied sich für einen Weg, den zuvor internationale Medien wie die Washington Post oder die New York Times beschritten hatten. Wer Zugriff auf Online-Inhalte will, den Adblocker aber eingeschaltet hat, muss sich registrieren und seine Daten hinterlassen. Gefordert werden Name und E-Mail-Adresse, um die User dann auf anderen Wegen "über Medienangebote, Print- und Digitalpublikationen der Süddeutsche Zeitung GmbH und der Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH" zu informieren.
Schwierig ist es auch für Häuser wie ProSieben oder RTL, die naturgemäss viele Video-Inhalte haben. Bewegtbildwerbung aber, vor allem Pre Rolls, sieht eyeo nicht als akzeptable Formate an. RTL etwa hatte daher im Umfeld der letzten Staffel der Dschungelshow "Ich bin ein Star - holt mich hier raus!" Adblocker-Nutzern online nur verkleinerte Videos in verminderter Qualität angezeigt. Zudem wurden Infotafeln ausgespielt mit den üblichen Erklärungshinweisen und Hintergründen. Das Prinzip nennt sich "Content Downscaling".

4. Counter Blocks

"Was du kannst, das können wir schon lange": Anbieter von Counter Blocks gehören quasi zu den Nutzniessern des Adblocking-Dilemmas - obwohl sie dieses bekämpfen. In Deutschland sind hier die Unternehmen AdDefend und tisoomi aus Hamburg zu nennen. Beide monetarisieren den Adblocker-Traffic, vermarkten geblocktes Inventar und wollen Publishern wieder Zugang auf die durch Adblocker unterdrückte Reichweite geben.
Nutzer bekommen also, vereinfach gesagt, trotz eingeschaltetem Adblocker Werbung ausgeliefert - allerdings nicht mehr dieselbe "störende". "Die Werbung, die wir einblenden ist nicht ganz so aggressiv, wir liefern keine Pop-Ups oder Layer aus. Aber die Kampagnen, die wir in allen denkbaren Formaten ausliefern, funktionieren genauso gut wie klassische Kampagnen", betont Michael Siegler, Gründer tisoomi, in unserem Interview. "Die Klickraten sind durchaus hoch und wir sehen, dass auch die harten Conversion-Daten gut sind. Das heisst, die Nutzer sehen Werbung, klicken darauf, registrieren sich für den NL, kaufen Waren etc. - also genau so, wie es Nutzer ohne Adblocker tun. Der Unterscheid ist, dass wir auf durchschnittlich 25 Prozent des Inventars einer Webseite zugreifen, denn so hoch ist die Adblocker-Quote in unserem Websiteportfolio in etwa", so Siegler.
AdDefend liefert nach eigenen Angaben über zwei Milliarden Anzeigen im Monat aus. "An Inventar mangelt es nicht", ergänzt Dominik Reisig, CEO AdDefend. Die Kunden - Publisher oder Advertiser - können dabei direkt über den AdServer des Anbieters auf das Inventar zugreifen oder über diverse Performance- und Werbe-Netzwerke, die mit AdDefend verbunden sind. Die AdServer werden dabei mit dem "Adblocker-Abwehr-Tool" der Anbieter ausgestattet.
Ganz ohne Kritik ist das "neue" Geschäftsmodell aber nicht. Es gleiche Spam, die Nutzer würden veräppelt werden und das Ganze sei höchst undurchsichtig, so viele Gegner. Die Anbieter entgegen darauf, dass der User, der einen Adblocker installiert habe, ja nicht gegen Werbung per se sei, sondern nur gegen bestimmte Formate auf bestimmten Seiten.

Ausblick: Desktop und Mobile

Und wie geht es nun weiter? Beide Parteien arbeiten an entsprechenden Initiativen für bessere Werbung im Internet. eyeo startete jüngst sein "Acceptable Ads Committee", das das Management der Acceptable-Ads-Kriterien und damit die Regeln für das Whitelisting, das Adblock Plus, AdBlock, Adblock Browser und Crystal implementiert haben, übernehmen soll. Der BVDW, Google, Procter & Gamble oder GroupM indes setzen auf ihre "Coalition for better ads".
Glaubt man zudem der Erhebung des Online-Vermarkterkreises (OVK) im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), nimmt zumindest der Anteil der der geblockten Online-Werbung auf Desktops ab. Durchschnittlich wurde im vierten Quartal des vergangenen Jahres auf 17,04 Prozent der Page Impressions die Auslieferung von Online-Werbung verhindert - im dritten Quartal waren es noch 19,11 Prozent.
Die bisher veröffentlichten Adblocker-Raten im Überblick:
Im vierten Quartal 2016 liegt die Adblocker-Rate bei 17,04 Prozent.
Quelle: OVK
  • Q3 2015: 21,16 Prozent
  • Q2 2015: 21,49 Prozent
Oliver von Wersch (Gruner + Jahr Digital), Adblocker-Experte im BVDW, erklärt: "Dass es von Messung zu Messung Schwankungen geben kann, ist völlig normal. Vor diesem Hintergrund ist besonders erfreulich, dass die Adblocker-Rate kontinuierlich rückläufig ist." Für ihn sind die oben beschriebenen branchenweiten Massnahmen sowie der offenere Dialog mit den Nutzern und die Optimierung der Qualität der Online-Werbung die Hauptgründe dafür. "Ein weiterer Faktor ist die zunehmende Verlagerung der Nutzung auf mobile Endgeräte, auf denen Adblocker-Nutzung derzeit keine nennenswerte Rolle spielt", so von Wersch.
Die mobile Verlagerung wird aber noch interessant für die Entwicklung der mobilen Adblocker werden. Noch ist Deutschland hiervon kaum betroffen - die Rate liegt bei etwa ein bis zwei Prozent. Grösster Wachstumsmarkt ist Asien mit einer Quote von etwa 30 Prozent. Anbieter eyeo konzentriert sich daher auch auf Smartphones und Co - und arbeitet an einem eigenen mobilen Browser. Leicht ist es aber für Unternehmen wie eyeo nicht, denn im mobilen Bereich wird die Gatekeeper-Position von Apple und Google weiter stark bleiben. Ein Szenario wäre etwa, dass Smartphone-Hersteller oder Netzbetreiber Adblocker auf Geräten vorinstallieren.




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