Keine Angst vor der digitalen Transformation

Digitalisierungsszenarien

Auf der breiten Basis der Ideen, die sich aus der Analyse bestehender Prozesse und der Digital Intelligence ergeben, entwickelt der DI-Architekt verschiedene Digitalisierungs­szenarien. Diese bestehen essenziell aus der Beantwortung folgender Fragen:
  • Was wird digitalisiert (welche Aktivität)?
  • Liegt der Fokus mehr auf der Umsatzsteigerung oder mehr auf der betrieblichen Effizienz (EBIT)?
  • Wo und durch wen findet die Ausführung künftig statt?
  • Wie hoch sind die Kosten und das Risiko der Massnahme?
  • Welche Vorteile (Umsatz, Kosten, Agilität, andere Wett­bewerbsvorteile) bringt das Szenario?
Häufig sind allein die Kostenvorteile der Szenarien derart signi­fikant, dass sich die Massnahmen lohnen. Mindestens ebenso wichtig sind jedoch die sich daraus ergebenden möglichen Wettbewerbsvorteile.
Die Digitalisierungsszenarien lassen sich in vier Kategorien einteilen. In der Praxis werden diese auch häufig kombiniert.

1. Interne Verschiebung

Durch die Vernetzung können die meisten Aktivitäten jederzeit an anderen Stellen bearbeitet werden. Damit lassen sich Kapazitätsengpässe beseitigen und Skaleneffekte erzielen. Ausserdem verkürzen sich bei internen Verschiebungen häufig auch die Meldewege, sodass die Fehlerquoten reduziert werden können.
Beispiel Debitorenbuchungen: In einer Mobilanwendung für Service-Techniker bucht der Service-Techniker den Auftrag direkt von seinem Mobiltelefon in die Debitorenbuchhaltung, was vorher über einen Service-Bericht auf Papier zuerst in die zentrale Verwaltung übermittelt werden musste, um dann dort bearbeitet zu werden. Die Vorteile der Verschiebung des Erfassungsvorgangs direkt zum Service-Techniker liegen auf der Hand: Aufwand und Fehlerquellen werden reduziert und der Umsatz kann innerhalb kürzerer Zeit nach der Leistungserbringung geltend gemacht werden.

2. Vertikale Integration

Bei der vertikalen Integration werden die Kunden mit dem liefernden Unternehmen vernetzt. Das Konzept führt zur Vereinfachung des Bestellablaufs für den Kunden und resultiert dadurch in einer höheren Kundenbindung, Zahlungsbereitschaft und Marge und einem höheren Ertrag.
Praxisbeispiel Bauzulieferbranche: Ein bekannter Sanitärtechnikkonzern in der Schweiz liefert die führende Software für die Planungsaufgaben der Ingenieurbüros, obwohl die Planung keineswegs zum Dienstleistungsumfang gehört. Die Software umfasst die Dimensionierung der sanitären Anlagen bis bin zu hochkomplexen hydraulischen Berechnungen und ist somit von hohem Wert für den Planungsingenieur. Daher ist die Software auch tatsächlich breitflächig im Einsatz und stellt für viele Anlagen die Basis der Ausschreibungen bereit. Die Kanalisierung in Richtung der Produkte des Sanitärtechnikkonzerns ist so vorgegeben. Das betreffende Unternehmen ist folglich Marktführer und kann eine entsprechende Umsatzentwicklung verbuchen.
Praxisbeispiel Dienstleistungssektor: Bei den grossen digitalen Unternehmen wie Google, Microsoft, Apple, Amazon oder Face­book kommen täglich Tausende neuer oder geänderter Texte der Bedienoberflächen in die Übersetzung, zum Beispiel „Wie sagt man ,like‘ auf Burmesisch?“. Diese Texte werden nicht selten in mehr als 100 Sprachen übersetzt. Ein auf genau diese Art von Übersetzungen spezialisiertes Unternehmen bietet bereits heute eine automatisierte Integra­tion für die Übersetzungsdienstleistung an, sodass die Kommunikation rein digital erfolgt und der Status fortwährend transparent ist. Die Kundenbindung, Zahlungsbereitschaft und somit die Marge erreicht hier durch die Digitalisierung neue Massstäbe. Dieses Konzept wird auch als Customer Intimacy Strategy bezeichnet.

3. Crowdsourcing

Crowdsourcing vereint das Wissen, die Kreativität oder Leistungsfähigkeit vieler zu einer Teilnehmergruppe. Die Crowdsourcing-Plattform Qmarkets (www.qmarkets.net) bietet zum Beispiel Unterstützung bei einer immensen Bandbreite von Aufgabenstellungen, die von der Entwicklung von Marketingkonzepten bis zur Gestaltung von Prozessoptimierungen reicht. Bereits heute stehen dort über 2 Millionen engagierte Menschen rund um den Globus bereit, sich einer Aufgabe anzunehmen.

4. Automatisierung

Die Automatisierung ist keineswegs ein neues Konzept. Dennoch können damit heute und sicherlich auch noch in Zukunft immer wieder sehr attraktive Potenziale erschlossen werden. Mit der bereits verfügbaren Technologie lassen sich mitunter äusserst komplexe Vorgänge zu attraktiven Bedingungen automatisieren.
Praxisbeispiel Jalousiehersteller: Die Preisberechnung für Angebote von Jalousien ist relativ aufwendig, da viele Fak­toren wie Untergrund, Befestigung, Abmessungen, Gewicht oder Antrieb berücksichtigt werden müssen. Ausserdem findet die Berechnung sehr häufig statt, da kaum ein Fenster gleich gross ist wie das andere. Vor der Einführung des Digitalisierungsszenarios wurde diese Preisberechnung manuell anhand von Tabellen durchgeführt. Nach der Bestellung waren weitere, noch wesentlich komplexere Berechnungen für die Fertigungsaufträge nötig. Dort wurden alle material- und fertigungsrelevanten Parameter errechnet wie Mass­zugaben beim Zuschnitt, Farbmengen oder Lochabstände.
Das eingeführte Digitalisierungsszenario umfasst einen Service, der die Berechnungen sowohl für die Preise in der Angebotsphase als auch die Fertigung vollautomatisch durchführt. Die Nutzung erfolgt über einen Enterprise Service Bus von Smartphones, über Internet sowie integriert ins ERP-System am Arbeitsplatz. Das betreffende Unternehmen sparte so jährlich mehr als 1 Million Euro.




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