Finanzierung, Personal und Co 29.10.2017, 11:21 Uhr

Wachstumsschmerzen digitaler Start-ups

Rasantes Wachstum lässt Belange wie Finanzierung, komplexer werdende Prozesse und Personal für E-Commerce-Unternehmen zu mehr als nur einem Luxusproblem werden.
(Quelle: shutterstock.com/Jirsak)
Von Matthias Hell
Der Shop-Software-Hersteller Shop­ware, der Cloud-Anbieter Acmeo und die Performance-Marketing-Agentur Peak Ace sind drei Unternehmen, die 2016 ­einen "Deloitte Technology Fast 50 Award" als eine der wachstumsstärksten Tech­nologie-Companies Deutschlands erhielten - aufgrund von Vierjahreswachstumsraten von weit über 200 Prozent. Im ­Online-Handel ist das vom BEVH ausgewiesene Wachstum von 12,5 Prozent für 2016 lediglich ein Anhaltspunkt für eine grosse Dynamik in vielen E-Commerce-Unternehmen. Was bei einigen bekannten Namen aus der Old Economy für Neid sorgt, stellt die Digital-Start-ups, die hohe Steigerungsraten aufweisen können, in der Praxis allerdings vor erhebliche ­Herausforderungen.
Oft geht es dabei um das leidige Thema Geld beziehungsweise Finanzierung. Wenn die Wachstumsraten in den deutlich zweistelligen Bereich schiessen, nimmt die Suche nach neuen Kapitalquellen eine ­immer grössere Rolle ein - egal ob es sich um Wachstumsfinanzierung oder Working Capital handelt. Beim Internet World Kongress plauderten in einem Gesprächsforum zum Thema "Managing Growth" Gründer und Geschäftsführer aus dem Nähkästchen und tauschten ihre Erfahrungen aus.

Start-up-Finanzierung bedeutet nicht immer VC

"In der Frühphase der Unternehmensentwicklung gibt es nur wenige Möglichkeiten, Fremdkapital zu erhalten, ohne Anteile abzugeben", resümiert Frank Stegert, CEO des Inneneinrichtungsspezialisten 99chairs. Das 2014 gegründete Start-up habe deshalb von Phase zu Phase den Investorenkreis erweitert, u. a. um Risikokapitalgeber, Business Angels und Private-Equity-Gesellschaften. Bis heute hat 99chairs so rund 20 Prozent der Unternehmensanteile zur Wachstumsfinanzierung abgegeben. "Als wir gestartet sind, gab es dazu noch keine Aternative, inzwischen gibt es aber auch einige andere Kapitalgeber, die bereits in der Frühphase bereitstehen", erklärt Frank Stegert. Zu diesen ­gehört etwa die Deutsche Handelsbank. Die ehemalige "Sofort Bank" hat sich seit der Übernahme der Muttergesellschaft durch Klarna auf Banking-Angebote für E-Commerce und Start-ups spezialisiert. "Eine Kreditaufnahme bei der Deutschen Handelsbank hat uns in der Frühphase gut geholfen, um beispielsweise Lagerbestände und Working Capital zu finanzieren", berichtet Marco Hierling, CEO des Tiernahrungsanbieters Alphapet Ventures. ­Allerdings sei eine Kreditaufnahme nicht in jedem Fall möglich. Wenn es um grö­ssere Wachstumsschritte gehe, führe in der Regel kein Weg an Investoren vorbei.

Der Exit als Wachstumsstrategie

Neben der Abgabe von Unternehmens­anteilen und der Kreditaufnahme kann die Inanspruchnahme von öffentlichen Fördermitteln ein dritter Weg zur Wachstumsfinanzierung sein. Gute Erfahrungen damit gemacht hat 99chairs-Gründer Frank Stegert. Sein Start-up hat sich ­erfolgreich um Mittel aus dem von der ­Investitionsbank Berlin aufgelegten Förderprogramm "Pro Fit" beworben. "Natürlich steckt dahinter viel Antragsarbeit und es stellt sich auch immer die Frage: Passt man ins Muster? Aber es gibt Beratungsfirmen, die Unternehmen bei der Antragstellung unterstützen. Wir haben hier beispielsweise die Hilfe der Berliner Beratung 'Förderbar' in Anspruch genommen."
Frank Stegert und Alphapet-CEO Marco Hierling sind sich einig, dass Wachstumsfinanzierung immer mit Weitblick angegangen werden sollte. "Dabei gilt es vor ­allem, das Thema Eigenkapital im Blick zu halten, und zwar nicht erst, kurz bevor es ausgeht. Wer sich früh mit dem Thema auseinandersetzt, verschafft sich wichtige Flexibilität", erklärt Marco Hierling.




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