Coronavirus: Europäischer Handel-Alptraum in China

"Wir sind definitiv sehr besorgt"

Die am Freitag erlassene Verfügung stehe auch im Widerspruch zu den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). "Wer wird denn noch in Frankfurt in ein Flugzeug nach China steigen, wenn er hier in Quarantäne kommt", fragte Wuttke. Die Anweisung schade dem Geschäft. "Wir sind definitiv sehr besorgt."

Besonders kleine und mittelständische Unternehmen seien von der Krise schwer betroffen. Viele könnten vielleicht nur zwei bis drei schlechte Monate verkraften. So drohten Pleiten, wenn nicht der Staat mit Krediten und anderer Unterstützung zur Hilfe komme. "Wenn diese Krise noch einen Monat oder so anhält, wird es verheerend für kleine Unternehmen", sagte Paul Sives, Vertreter der Kammer in Südwestchina.

Während einige Unternehmen wieder anfingen zu arbeiten, fehle es an Zulieferern. In einem Industriepark in seiner Region hätten erst fünf von 50 Unternehmen den Betrieb wieder aufgenommen. "Der Domino-Effekt ist katastrophal." Aber jeder lokale Bezirk habe seine eigenen Regeln, wie die Produktion wieder angefahren werden dürfe.

Bürokratie und Verwirrung

Ein Beispiel: Einige örtliche Stellen verlangten, dass Mitarbeiter zwei Gesichtsmasken am Tag hätten. Die Firma müsse einen Vorrat für zwei Wochen nachweisen. Andere Behörden forderten, dass Beschäftigte alle vier Stunden die Maske wechselten, was den Weg zu und von der Arbeit einschliesse. Es gebe aber nicht genug Masken in China, was die Unternehmen daran hindere, die Arbeit wieder aufnehmen zu können.

"Bürokratie und Verwirrung sind die wichtigsten Worte, die wir von unseren Mitgliedern hören", sagte Carlo D'Andrea, Vertreter der EU-Kammer in Shanghai. Ein Problem seien schon die Heizungen, die in den Bürohäusern ausgestellt blieben, weil befürchtet werde, dass das Virus durch die Ventilation verteilt werden könne. Es könne nicht gearbeitet werden, weil Beschäftigte bei viel zu kalten Temperaturen im Büro sässen und sich auf diese Weise erkälten könnten.

Für viele Unternehmen sei die Epidemie ein "Weckruf", sagte Wuttke. Es werde realisiert, dass die Abhängigkeit von China zu gross sei, "wenn dieses Land den Bach runtergeht". So werde überlegt, "nicht alle Eier in ein Nest zu legen" und in den nächsten Jahren stärker zu diversifizieren. Ohnehin hätten Unternehmen wegen des Handelskrieges zwischen den USA und China in den vergangenen ein, zwei Jahren schon begonnen, sich auch in anderen Ländern umzuschauen.

Der Stillstand in China und die strengen Quarantäneregeln in Peking behindern auch die Kooperation zwischen China und Europa. Ob es zu dem geplanten Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 30. März in Peking komme, "bleibt abzuwarten", sagte Wuttke. Auch gibt es Sorge, dass die Gespräche über das geplante Investitionsschutzabkommen zwischen beiden Seiten nicht vorankommen. So kann das EU-Verhandlungsteam nicht mehr nach Peking reisen.



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