Die IT im Jahr 2021 - mehr Evolution als Revolution

Im Gespräch mit Olaf Riedel von EY

Olaf Riedel: Leiter des Sektors Technologie, Medien & Telekommunikation Deutschland, Österreich und Schweiz bei EY
Quelle: EY
Welche Themen rund um die IT beschäftigen die Unternehmen im Jahr 2021? com! professional spricht darüber mit Olaf Riedel, Leiter des Sektors Technologie, Medien & Telekommunikation in der DACH-Region bei dem Beratungsunternehmen EY.
com! professional: Herr Riedel, sind dieses Jahr überhaupt grosse Trends zu erwarten? Oder sind die Unternehmen noch mit den He­rausforderungen durch Covid-19 beschäftigt - zum Beispiel damit, das Homeoffice auf stabile Beine zu stellen?
Olaf Riedel: Ich erwarte, dass sich die Digitalisierung, die im Büroumfeld bereits fortgeschritten ist, in die Industrie überträgt - dass also auch Fabriken immer digitaler werden. Cloudifizierung wird in deutschen Unternehmen weiter vorangetrieben, das heisst, dass mehr Daten und Systeme in die Cloud übertragen werden. Auch die Collaboration unter Firmen wird so einfacher. Und der Vertrieb wird sich durch Covid-19 wahrscheinlich ebenfalls dauerhaft verändern. Es wird einen massiven Umbau geben, hin zu neuen Verkaufskanälen und hybriden Lösungen.
com! professional: Und welche neue Technologien werden kommen? As a Service, KI oder IoT … das alles sind Dinge, die bei den meisten Unternehmen schon mehr oder weniger angekommen sind. Was an wirklich Neuem sehen Sie für 2021?
Riedel: Die Frage wird sein, welcher dieser Trends sich in 2021 am stärksten materialisiert. KI wird nach wie vor sehr relevant sein. Was ich allerdings als neues Thema sehe, ist eine neue Art der Arbeit mit verschlüsselten Daten, konkret Homomorphic Encryption und Homomorphic Analysis. Das Grundproblem ist, dass verschlüsselte Daten zur Verarbeitung entschlüsselt werden müssen, um dann die Ergebnisse wieder zu verschlüsseln und zurückzusenden. Durch die Entschlüsselung entsteht immer ein Vertraulichkeitsrisiko.
com! professional: Wie funktioniert das genau?
Riedel: Die Idee von Homomorphic Analysis ist, dass Daten in einem bestimmten Format verschlüsselt versendet, verschlüsselt verarbeitet und die Ergebnisse noch immer verschlüsselt zurückgesendet werden. Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch Cyberkriminalität könnte ich mir vorstellen, dass dieser Trend in diesem Jahr einen Aufschwung erleben wird. Anwendungsfelder sind Gesundheit und Medizin, aber auch Finanzdaten. Ausserdem wird die Effizienz beim virtuellen Zusammenarbeiten ein wichtiges Thema werden. Da ist die grosse Frage, wie Projekte virtuell geführt werden können. Und letzten Endes werden die Themen Sustainability und Umwelt weiter in den Vordergrund rücken, auch in Sachen IT.
com! professional: Eines der Hype-Themen ist nach wie vor KI. Wird es da entscheidende Neuerungen geben, oder werden die vorhandenen KI-Fähigkeiten in diversen Anwendungen und Plattformen einfach nur ein wenig optimiert?
Riedel: Wir können erwarten, dass die Anzahl der KI-Anwendungen für den Alltag explodieren wird. Die Auswahl an KI-Elementen, die zum Einsatz kommen können, wird immer vielfältiger. Das hat aber nicht unbedingt etwas mit entscheidenden neuen Erkenntnissen zur Künstlichen Intelligenz selbst zu tun. Wie KI funktioniert, wussten wir auch schon vor 30 Jahren. Aber die Miniaturisierung, also dass es immer kleinere Rechenchips gibt, hat dem Thema im Alltag zum entscheidenden Durchbruch verholfen, ebenso wie die günstige Verfügbarkeit von Daten.
com! professional: Auch von 5G erwartet man sich viel. Feiert der neue Mobilfunkstandard 2021 seinen Durchbruch? Oder ist das Thema für viele Unternehmen gar nicht so relevant, wie immer behauptet wird? Die meisten IoT-Szenarien lassen sich auch mit LTE umsetzen … 
Riedel: Ich denke, es wird einen Durchbruch der Technologie geben, die hinter 5G steckt. In Produktion und Fertigung sind Campus-Lösungen eine starke Alternative zum öffentlichen 5G-Netz, in beiden Bereichen erwarte ich einen starken Ausbau. Bei Sicherheitslösungen in der Produktion ist man entweder auf Verkabelung oder 5G-Technologie angewiesen. LTE ist zu unsicher, da die Latenzzeiten für kritische Anwendungen zu lang sind.
com! professional: Wie ist Ihre Erfahrung aus der Praxis - nach welchen Technologien fragen Unternehmen in Deutschland?
Riedel: Ganz viele haben Fragen zum Thema Umwelt und Klima: Wie kriege ich mein Unternehmen auf eine nachhaltige Supply Chain umgestellt? Wie ist meine CO2-Bilanz? Deswegen wird die Nachfrage nach IT-Lösungen, die diese Fragen beantworten und lösen, weiter steigen.
com! professional: Sehen Sie auch Technologien, denen eine grosse Zukunft vorausgesagt wurde, die sich aber als Flop erwiesen haben?
Riedel: Blockchain und Kryptowährungen sind zwar auf keinen Fall gefloppt, hatten bis jetzt aber auch noch nicht die Strahlkraft, die einige vielleicht erwartet hätten.




Das könnte Sie auch interessieren