Chat-Apps: Was der Westen von asiatischen Anbietern lernen kann

Westliche Messenger: Wie kann das Silicon Valley mithalten?

Die asiatischen Beispiele zeigen, dass westliche Anbieter ihre Apps als eigene Plattformen etablieren und kontinuierlich im Sinne der Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden ausbauen müssten, um mit Fernost mitzuhalten. Deshalb steht vor allem WhatsApp vor einer grossen Herausforderung. Der Dienst bietet keine Markenkommunikation an - zwar wurde die Öffnung für den Business-Sektor vor Kurzem angekündigt, doch wird dieser Ausbau noch einige Zeit für in Anspruch nehmen. Da das Unternehmen vor allem in der westlichen Welt präsent ist, kann man davon ausgehen, dass diese Öffnung zumindest anfänglich auf die westliche Hemisphäre beschränkt sein wird.
 
Für seinen hauseigenen Messenger nimmt Facebook die Anregungen aus Asien schon länger auf und bezeichnet Messaging als "die nächste Herausforderung". In einem ersten Schritt deaktivierte Facebook 2014 die Messenger-Funktion in der mobilen App und zwang die Nutzer damit, die neue Messenger-App herunterzuladen. Ein weiterer wichtiger Schritt war die Ankündigung von "Business on Messenger" im März 2015, einem neuen Funktionspaket, das eine stärkere Kundenbindung und die Integration in vorhandene Unternehmenssysteme ermöglichen soll.

Messenger for Business startete im letzen Jahr

Facebook kündigte zudem die Einführung verschiedener Mehrwertdienste für den Messenger an, unter anderem Facebook M (ein virtueller Assistent), eine Partnerschaft mit Uber, mit der die Taxibestellung direkt im Messenger möglich wird, sowie Apps und Dienste für eine vielseitige Kundenkommunikation, beispielsweise Giphy und Dubsmash. In den westlichen Ländern startete "Messenger for Business" im Laufe des letzten Jahres mit ausgewählten Partnern und Kunden.
 
Allerdings wird der Ausbau hin zum Allround-Anbieter für westliche Chat-Apps dadurch erschwert, dass Nutzer sich schneller durch Unternehmen bedrängt fühlen. Für Chinesen beispielsweise ist es ganz normal, ein Unternehmen in der Chat-Liste zu sehen und von ihm Nachrichten zu erhalten - wer kein Interesse hat, ignoriert sie einfach. Der Westen ist noch nicht so weit. Unternehmen selbst äusserten Bedenken, in die "Privatsphäre" ihrer Kunden einzudringen.

Fazit: Westliche Anbieter verschenken bisher grosses Potenzial 

Die Entwicklungen von WeChat und Line zeigen deutlich, welches Potenzial Messaging-Dienste besitzen: Die asiatischen Anbieter haben verstanden, was Kunden wollen und sich durch ihr Angebot zu einem integralen Bestandteil des Alltagslebens der Nutzer entwickelt. Unternehmen reihen sich somit auf einer Ebene mit Freunden in die Kontaktliste der User ein und können mit ihnen schnell und unkompliziert in Verbindung treten. Verschiedene Anbieter-Apps sind ebenfalls überflüssig, alles wird zentral über die Chat-App gesteuert.
Facebook beziehungsweise WhatsApp haben hier einen grossen Aufholbedarf, denn obwohl erste Schritte in Richtung A2P-Kommunikation gemacht wurden, fallen sie durch fehlende Angebote weit hinter ihren asiatischen Pendants zurück. Die Ausgliederung des Facebook-Messengers und die Ankündigung eines neuen Business-Models von WhatsApp zeigen jedoch ein Umdenken: Wie schnell die westlichen Chat-Apps den Rückstand zu WeChat und Line verkleinern können und wie hoch die Akzeptanz bei westlichen Nutzern in der A2P-Kommunikation sein wird, ist allerdings noch ungewiss.



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