Grenze zu unerlaubten Anzeigen 08.07.2019, 09:11 Uhr

YouTube-Werbung: Wann Abmahnungen und Bussgelder drohen

Den Lieblingssneaker in die Kamera halten, von der neuen Systemkamera schwärmen oder Schminktipps mit Markenhinweisen aufmotzen - darf man das auf YouTube? Wer die Grenze zur unerlaubten Werbung nicht kennt, riskiert Abmahnungen und Bussgelder.
Wer von Firmen eine Gegenleistung erhält, muss das bei der Präsentation von Produkten kenntlich machen.
(Quelle: Christin Klose/dpa-tmn/dpa)
Ob Videospiel-Let's-Plays, Technik-Tutorials oder Schminktipps: YouTube ist nicht nur ein Tummelplatz für Influencer, hier finden sich auch Unmengen an Jedermann-Videos. Alle können mitmischen - und erreichen unter den 1,9 Milliarden angemeldeten Nutzern, die das Portal monatlich zählt, mit guten Chancen ein Publikum.
Doch wer nicht aufpasst, handelt sich mit seinen Videos leicht Ärger ein. Eine Falle, in die nicht nur Profi-YouTuber, sondern auch Privatnutzer tappen können, ist nicht gekennzeichnete Werbung. Wer in Videos für Produkte oder Dienstleistungen wirbt und das nicht ausreichend kenntlich macht, muss im Zweifel blechen: Bis zu 500.000 Euro Bussgeld können fällig werden.
"Zum Glück musste ein so hohes Bussgeld noch nie verhängt werden", sagt Cornelia Holsten, Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt und Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten. Diese sind in den Bundesländern mit Ausnahme von Sachsen und Niedersachsen zuständig für die Aufsicht der Telemedien, als auch für YouTube oder Instagram.

Die Werbefalle

Abmahnungen wegen nicht gekennzeichneter Werbung gibt es immer wieder. In Berlin und Brandenburg wurden 2018 zum Beispiel 100 Fälle bearbeitet, in Bayern 50 - die meisten davon betrafen allerdings Instagram. Wenn Beschwerden eingehen, prüft die zuständige Landesmedienanstalt das Video und schreibt den YouTuber an, um ihn auf das Problem aufmerksam zu machen. "Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht - das Kennzeichnungsverhalten ändert sich daraufhin", sagt Stefanie Reger, Sprecherin der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien.
Nur wer sich weigert, sein Video zu ändern oder eine Kennzeichnung einzublenden, kann ernsthaft Probleme bekommen. "Erst wenn keine Anpassung vorgenommen wird, drohen rechtliche Konsequenzen", erklärt Cornelia Holsten. Im äussersten Fall werden dann Bussgelder verhängt.
Die lagen bisher in Beispielfällen zwischen 1.000 und 10.500 Euro, erklärt Jens Fusbahn, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht aus Düsseldorf. Um nicht zu riskieren, irgendwann unangenehme Post zu erhalten, sollten sich YouTuber an einige Regeln halten.
Heikel kann es auch werden, wenn man in den Verdacht gerät, durch Videos für seine eigene Tätigkeit Werbung zu machen - etwa als Profi-Fotograf, der kostenlose Video-Tutorials anbietet, um auf sich aufmerksam zu machen. Das ist kein Problem, "wenn der Kanal oder Beitrag ausreichend deutlich als geschäftsmässiges Angebot des Profi-Fotografen erkennbar ist", so Fusbahn. Den besten Schutz biete die Kennzeichnung als kommerzieller Kanal - eine zusätzliche Auszeichnung mit "Werbung" oder Ähnlichem ist dann nicht mehr nötig.
Hashtags - hier auf Instagram - sind eine Möglichkeit, auf Werbung hinzuweisen.
Quelle: Florian Schuh/dpa-tmn/dpa

Die Regeln

Die Landesmedienanstalten haben dafür einen Leitfaden zur Kennzeichnungspflicht herausgegeben. Darin steht zusammengefasst: Wer für Inhalte in seinem Video eine Gegenleistung erhalten hat, muss das kenntlich machen - je nach Fall mit der Einblendung "Werbung", "Werbevideo" oder "Produktplatzierung".
Grundlage dafür ist der Rundfunkstaatsvertrag, der auch die Angebote von Fernsehsendern regelt. Werbung ist demnach alles, was gegen Entgelt, Gegenleistung oder als Eigenwerbung erfolgt oder den Absatz von Waren fördert. Wer also Geld oder kostenlose Promo-Artikel dafür bekommt, dass er Produkte oder Unternehmen in seinem Video anpreist, macht Werbung.
Für alle, die nicht gerade professionelle YouTuber mit eigener Agentur und Tausenden Abonnenten sind, wird eine solche Gegenleistung selten der Fall sein. Ganz sorglos darf man Mode oder Hardware, die einen begeistert, trotzdem nicht in die Linse halten. Denn es gibt Grenzfälle. Sie basieren auf dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), wie Rechtsanwalt Fusbahn erklärt.

Paragraf 5a

Dort steht in Paragraf 5a, dass "unlauter handelt, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht" und "das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen". Das heisst: Wer einen Lippenstift so überschwänglich lobt, dass andere sich veranlasst sehen, die Schminke zu kaufen, handelt im Graubereich.
Besonders problematisch wird es, wenn der eigene Kanal nicht mehr eindeutig privat ist. "Nicht mehr privat ist ein Kanal zum Beispiel beim Schalten von Werbung oder Zuleiten zu Verkaufsangeboten", etwa in Form von Links unter dem Video, erklärt Fusbahn. Bei YouTube muss ein Kanal derzeit mindestens 1.000 Abonnenten haben, damit der Nutzer mit Videos Geld verdienen kann. Wer an seinen Clips tatsächlich schon etwas verdient hat, sollte also aufpassen.
Eine besondere Schwierigkeit sind laut Fusbahn Videos von Accounts, die nicht durch eine Verifizierung und hohe Follower-Zahl klar als kommerzielle Beiträge für jeden erkennbar ist. Grenzfälle seien Beiträge von aufstrebenden YouTubern, die noch nicht so bekannt sind, aber Bekanntheit zum Ziel haben.




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