Urheberrecht
12.06.2014, 11:14 Uhr

Browsen, Streamen und Cachen

Kopien, die auf dem Bildschirm und im "Cache" beim Ansehen einer Webseite erstellt werden, begründen keine Urheberrechtsverletzung. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Von Stefan Michel.
Stefan Michel, Rechtsanwalt
Das ist ein Beitrag von unserer Partner-Site Internet World Business. Er ist sicher für Schweizer auch von Interesse.
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 05.06.2014 (C-360/13) entschieden, dass die von einem Endnutzer bei der Betrachtung einer Internetseite erstellten Kopien auf dem Bildschirm seines Computers und im "Cache" der Festplatte keine Urheberrechtsverletzung begründen, sondern vom Ausnahmetatbestand des Artikel 5 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft abgedeckt sind.
Die Entscheidung ist im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Public Relations Consultants Association Ltd (PRCA) und der Newspaper Licensing Agency Ltd (NLA) ergangen. Die PRCA ist eine Organisation von Berufstätigen aus dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Diese nahm einen Internet-Medienbeobachtungsdienst in Anspruch, der Onlineberichte über die Beobachtung von Presseartikeln zur Verfügung stellt. Die NLA ist eine Einrichtung, die von den Zeitungsverlegern des Vereinigten Königreichs zu dem Zweck gegründet wurde, kollektive Lizenzen in Bezug auf den Inhalt von Zeitungen zu erteilen. Die NLA war der Ansicht, dass der Betreiber des Medienbeobachtungsdienstes und dessen Kunden eine Zustimmung der Urheberrechtsinhaber für die Erbringung beziehungsweise die Inanspruchnahme des Medienbeobachtungsdienstes einzuholen hätten. PRCA trat dieser Auffasssung entgegen.
Der High Court of Justice und der Court of Appeal gaben NLA Recht. Sie entschieden, dass die Mitglieder der PRCA eine Lizenz oder die Zustimmung von der NLA einholen müssten. Die PRCA legte gegen die Entscheidung Rechtsmittel beim Supreme Court of the United Kingdom ein. Der Supreme Court legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor, der seiner Entscheidung folgenden (technischen) Sachverhalt zugrunde legte:
Wenn ein Endnutzer eine Internetseite auf seinem Computer ansieht, ohne diese herunterzuladen, macht das hierfür angewandte technische Verfahren die Erstellung einer Kopie erforderlich. Diese Erstellung ist jedoch die automatische Folge des Internet-Browsings und erfordert kein anderes menschliches Eingreifen als die Entscheidung, die betreffende Internetseite aufzurufen. Die Bildschirm- und die Cachekopien werden nur solange gespeichert, wie die zur Nutzung des Internets angewandten Verfahren gewöhnlich dauern. Ferner erfordert die Löschung dieser Kopien kein menschliches Eingreifen. Zwar können die Cachekopien vom Endnutzer bewusst gelöscht werden, doch werden sie, wenn der Endnutzer dies nicht tut, üblicherweise nach einer gewissen Zeit, abhängig von der Kapazität des Cache sowie vom Umfang und der Häufigkeit der Nutzung des Internets durch den betreffenden Nutzer, durch andere Inhalte ersetzt. Die Bildschirmkopie ist wesentlicher Bestandteil der angewandten Technik, ohne die die Internetseite nicht betrachtet werden kann, und sie bleibt auf dem Bildschirm, bis der Endnutzer die betreffende Internetseite verlässt.



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