Howard Lerman, Yext 23.09.2019, 06:32 Uhr

"Das Suchverhalten der Nutzer hat sich komplett gewandelt"

Öffnungszeiten, Anschrift, Events: Für Unternehmen ist es wichtig, dass alle relevanten Daten im Web stets aktuell sind - und das nicht nur auf der eigenen Website. Ein Gespräch mit Howard Lerman, dem CEO und Gründer von Yext.
Howard Lerman, Gründer und CEO von Yext
(Quelle: Yext)
Die Customer Journey im Netz beginnt häufig mit einer Suche - nach einem Produkt, der Anschrift eines Shops, den Öffnungszeiten. Gesucht wird dabei auf allen möglichen Plattformen: Amazon, Facebook, den Gelben Seiten, Google, Yelp und anderswo. Der Dienstleister Yext hat eine Plattform entwickelt, mit der sich all diese Einträge aktuell halten lassen. Ein Interview mit Howard Lerman, dem Gründer und CEO von Yext.
Yext hat sich auf die Synchronisation von Unternehmensdaten im Web spezialisiert. Welche Informationen über ein Unternehmen werden denn im Internet von Usern am häufigsten gesucht?
Howard Lerman: Die Welt der Suche ­erlebt einen massiven Wandel - weg von Keywords hin zu Fragen. Unternehmen müssen künftig "Perfect Answers Everywhere" bieten. Wir glauben, dass Unternehmen selbst die ultimative Autorität zu Fakten haben müssen. Sie müssen Antworten auf Suchen liefern - egal ob Kunden eine Suchmaschine, die Unternehmenswebsite, Social Media oder einen anderen Kanal wählen.
Welche Basisinformationen sind also am wichtigsten?
Lerman: Adressen und Öffnungszeiten sind sicherlich unter den Top Fünf der häufigsten Suchanfragen. Aber es geht nicht mehr nur darum, Informationen ­online korrekt zu halten. Kunden suchen auch nach Bewertungen zu einem Unternehmen. Sowohl Bewertungen als auch der Umgang mit ihnen wirken sich auf das Kauf- und Besuchsverhalten von Kunden aus. Studien belegen, dass der versierte Umgang mit Bewertungen zu einem 18-prozentigen Anstieg an Verkäufen führen kann. Zudem beeinflussen Reviews die digitale Sichtbarkeit und Klickrate. Gerade bei lokalen Suchen sind sie wichtige Ranking-Faktoren. Und auch digitale ­Assistenten wie Alexa oder Siri greifen auf sie zurück, wenn sie versuchen, auf eine Frage die bestmögliche Antwort zu finden. Deshalb ist ein gutes Review-Management wichtig.
Viele glauben, es ist vor allem wichtig, dass die aktuellen Daten auf der eigenen ­Website gepflegt werden. Ist das zu kurz gedacht?
Lerman: Ja, denn zum einen ist das digitale Universum mehr als die eigene Website - über Online-Dienste von Drittanbietern wird bis zu 2,7-mal so viel Traffic generiert wie über die eigene Website. Zum anderen hat sich das Suchverhalten der Nutzer komplett gewandelt. Sie suchen nicht mehr nur mit einzelnen Keywords, sondern stellen konkrete Fragen und erwarten korrekte Antworten. Natürlich ist es wichtig, dass die Daten auf der eigenen Website aktuell und korrekt sind. Aber sie ist in den meisten Fällen nicht mehr der Ausgangspunkt einer Suche. Stattdessen sind es Suchmaschinen, Sprachassistenten und Apps. Umso wichtiger ist, dass Daten an allen Schnittpunkten, also auf allen Plattformen, aktuell ­gehalten werden.
Es gibt viele Unternehmen, die einen Eintrag auf Google My Business und auf Facebook pflegen und ansonsten der Ansicht sind, das reicht dann schon. Richtig oder falsch?
Lerman: Falsch - nur wenige Unternehmen operieren so nischenfokussiert, dass sie es sich leisten können, andere Plattformen zu ignorieren. Tun sie das dennoch, verlieren sie nicht nur potenziellen Umsatz, sondern verschenken auch die Kon­trolle über ihre Informationen und Daten. Auch technisch ist es nicht der richtige Ansatz: Auf der Suche nach den richtigen Antworten durchforsten Suchmaschinen und Sprachassistenten alle verfügbaren Plattformen und gleichen die dort gefundenen Ergebnisse ab. Stimmen diese nicht miteinander überein, werden die Ergebnisse als falsch erachtet und nicht mehr entsprechend gerankt.
Welche Kanäle sollten auf jeden Fall bespielt und gepflegt werden?
Lerman: Im Grunde alle Kanäle, auf ­denen sich die Zielgruppe - also die Kunden - bewegt. Eben auch aus dem Grund, weil Drittanbieter-Plattformen und dortige Bewertungen auf das Google-Ranking und die Auffindbarkeit durch Sprachassistenten wie Alexa, Siri und Google Home wichtig sind. Unternehmen dürfen nicht den Fehler begehen, sich nur auf die derzeit aktuellen Plattformen zu fokussieren. Sie müssen auch im Blick haben, wie sich der Markt entwickelt. Das beste Beispiel sind die Themen Augmented Reality und Virtual Reality. Noch werden diese im Hinblick auf Suche und Interaktion mit Unternehmen nicht eingesetzt. Aber die Entwicklung geht in diese Richtung.
Was sind typische Fehler, die Unternehmen beim Digital Location Marketing machen?
Lerman: Zum einen fokussieren sie sich oft auf einen oder wenige Kanäle und lassen dabei ausser Acht, dass sich Nutzer nicht homogen auf diesen Plattformen ­bewegen und dass auch andere Plattformen auf die Online-Sichtbarkeit einzahlen. Zum anderen aktualisieren viele ­Unternehmen ihre Daten nur auf der eigenen Webseite. Diejenigen, die ihre Daten schon auf mehreren Kanälen pflegen, ­unterschätzen hingegen vielfach den Verwaltungsumfang und behandeln dann ­bestimmte Kanäle eher stiefmütterlich.
Welche Kanäle sind gerade im Kommen oder werden in absehbarer Zeit eine immer wichtigere Rolle spielen?
Lerman: Die Technologie entwickelt sich stark in Richtung Sprach- und Video-­Assistenten. Unternehmen sollten sich ­bereits jetzt mit der Materie auseinandersetzen, um den Einstieg nicht zu verpassen. Zwar können sie die technologische Entwicklung nicht beeinflussen, aber sie können mitbestimmen, was Suchmaschinen, Assistenten und KI über sie wissen.




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