Growth Hacking: Viel Wachstum für's Geld

Interne Voraussetzungen

Trotz des erwähnten Einwands wird deutlich, dass Growth Hacking für eine bestimmte Unternehmensform besonders interessant ist: Start-ups. Sie sind klein, agil und haben häufig kürzere Entscheidungswege als etablierte Unternehmen. Ausserdem sind "Unicorns", also Jung­unternehmen, die eine Unternehmens­bewertung von mehr als einer Milliarde US-Dollar erreicht haben, in Deutschland eine Seltenheit.
Nur Rocket Internet, ­Zalando, Home24 und Delivery Hero dürfen sich hierzulande zu diesem elitären Verein zählen. Das ist sicherlich ein Grund dafür, dass Growth Hacking nur wenigen Marketing-Entscheidern und Firmenvorständen in Deutschland ein Begriff ist. Es wird zwar grundsätzlich anerkannt, dass Growth Hacking wichtig ist, doch kaum jemand hat sich damit eingehend beschäftigt.
Die Gründer und Geschäftsführer in der Bundesrepublik sind noch voll und ganz mit der Umsetzung von Content-Marketing, dem letzten Trend, beschäftigt. "Bei Entscheidern, die grosse Marketing-Etats verwalten - also beispielsweise in der ­Finanzbranche oder bei grossen Retailern - wird der Begriff Growth Hacking initial überhaupt nicht verwendet", so Alexander Geissenberger, SEO-Experte und Geschäftsführer der digitalen Marketingagentur Xpose360 aus Augsburg.
Das Thema habe lediglich bei einem niedrigen, einstelligen Prozentsatz Anklang gefunden, sagt der Manager. Damit steht er in der Branche nicht allein da. Um die Basis für Growth Hacking zu schaffen, ist es in einem ersten Schritt wichtig, ein Team aufzubauen. Jedem Growth Hacker sollte ausreichend Spielraum und Entscheidungsfreiheit eingeräumt werden, darüber hinaus ist auch gegenseitige Kontrolle entscheidend.
Eine weitere Voraussetzung ist eine ­agile Produktentwicklung, die auf Spontaneität beruht. Firmen, die langfristige, teils mehrjährige Marketing-Pläne verfolgen, fällt es nicht leicht, spontan und dynamisch auf den Markt zu reagieren. Dies ist jedoch die Bedingung, um auf virale Trends aufspringen zu können. Ein Unternehmer, der seinem Social-Media-Manager am Wochenende freigibt, hat das Prinzip Internet nicht verstanden. Ein entsprechendes Grundverständis ist auch für Growth Hacking nötig.

Hochwertiger Content

Obwohl Growth Hacking prinzipiell für viele Unternehmen interessant ist, stellt sich die Frage: Ergibt es Sinn, einfach blind dem Hype zu folgen, einen Growth Hacker anzustellen, ohne darüber nachzudenken? Die klare Antwort darauf lautet: Nein. Bevor ein Unternehmen damit beginnt, die Anzahl derjenigen zu steigern, die sich mit seinem Produkt auseinandersetzen, muss es dafür sorgen, dass der Content, den es anbietet, qualitativ hochwertig ist und das Potenzial hat, im Internet weiterverbreitet zu werden.
An diesem Punkt würde auch 7Commerce-Geschäftsführer van Delden ansetzen. Seine erste Frage lautet deshalb: "Hat das Produkt eingebaute virale Features?" Dazu zählen auch Social Sharing Buttons, wie sie bereits in zahlreichen Online-Shops und bei Publishern integriert sind. Wer heute bei Amazon ein Produkt kauft, wird häufig dazu aufgefordert, es den Freunden auf Facebook mitzuteilen. Wie sinnvoll das bei einem Staubsauger ist, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt.
Der Inhalt, der beworben werden soll, ist von grosser Bedeutung, weil er die Basis für den Erfolg von Growth Hacking ist. Gleichzeitig ist er aber auch das Ziel der Kampagne. Die Ergebnisse des Growth Hacking haben eine grosse Auswirkung auf das Produkt als solches. Doch wie wichtig dieser Punkt ist, verkennen viele Entscheider. "Es gibt leider viel zu wenig Unternehmen, die verstehen, dass das Feedback und die Daten, die man generiert, für die Weiterentwicklung eines Produkts ausschlaggebend sind", klagt deswegen auch Harlinghausen.



Das könnte Sie auch interessieren