Growth Hacking: Viel Wachstum für's Geld

Die Rolle des Fernsehens

Wer Beispiele für Growth Hacks sucht, die zu erfolgreichen Rückschlüssen aus dem Verhalten der Nutzer geführt haben, muss nur seinen Browser öffnen. Twitter ist ein prominenter Vertreter. Als man beim Kurznachrichtendienst bemerkte, dass viele Nutzer, die sich registriert hatten, nur geringe Interaktionsraten hatten, beschloss man, den neuen Nutzern bei der Anmeldung direkt Personen vorzuschlagen, die für sie interessant sein können.
Der Erfolg trat sofort ein und zeigt zudem erneut, welch grosse Rolle der viralen Komponente zukommt. Dadurch dass sich die neuen Twitter-User bereits zu ­Beginn vernetzen, entstehen neue Verknüpfungen in der Community, die den Weiterverbreitungsfaktor massiv erhöhen.
Firmen wie Airbnb, Tripadvisor oder auch Parship haben klargemacht, dass durch den Einsatz von Growth Hacking samt seinen viralen Instrumenten schnell Wachstum generiert werden kann. Umso eigenartiger erscheint es im ersten Moment, dass diese digitalen Vorreiter klassische TV-Werbung schalten. Warum setzt Airbnb, das bereits den Durchbruch geschafft hat, auf teure Werbebotschaften im Fernsehen?
Darauf gibt es zwei Antworten: Naheliegend ist sicherlich, dass nun das Geld vorhanden ist für Investitionen. Schliesslich lässt sich nicht bestreiten, dass die Reichweite im TV ungebrochen hoch ist. Die zweite Möglichkeit ist die Ansprache einer Zielgruppe. Wer im Netz bekannt ist, erreicht tendenziell ein jüngeres, technik-­affineres Publikum.
Da viele Dienstleistungen wie die Partnervermittlung bei Parship oder die Wohnungsvermittlung bei Airbnb auch für die Generation "50 plus" interessant sind, können über die Fernsehbildschirme nochmals neue Nutzer gewonnen werden, das Produkt kann so in neue Dimensionen gehoben werden.
Je nach vertriebenem Produkt können ­sogar "Media for Equity"- oder "Media for Revenue"-Deals als Methode beim Growth Hacking angewandt werden. Das heisst, dass eine Firma für Media-Leistungen entweder Unternehmensanteile (Equity) oder Umsatzanteile (Revenue) an den Investor abgibt.
Ein Start-up, das diese besondere Variante des Growth Hacking auswählt, sollte  im Voraus festlegen, wie viele Anteile am Unternehmen es abgibt - in Relation zum erwartenden Effekt der TV-Werbung. Das zeigt, ob sich der Aufwand lohnt. Hilfreich kann ein solcher Deal für Firmen sein, die "an einer Stelle sind, an der es entweder nur noch mit Vollgas nach vorne geht oder das Projekt abgebrochen wird", meint SEO-Spezialist Geissenberger.
Und auch Trusted-Shops-Growth-Manager Lennarz würde "Media for Equity" durchaus als Growth Hack betrachten. ­Allerdings sei der Aufwand für diese Art des Wachstumsschubs zeit- und personalaufwendiger als andere Formen.

Fokus auf dem Nutzer

Hat sich ein Unternehmen, sei es ein aufstrebendes Start-up oder eine Branchengrösse mit Erfahrung, dafür entschieden, seine Wachstumsstrategie auf Growth Hacks aufzubauen, gilt es noch, die passende Person dafür zu finden. 
Eine Aufgabe, die vom Personaler ein gutes Gespür verlangt. Schliesslich ist er auf der Suche nach einer Person, die ­sowohl den Umgang mit den Führungspersönlichkeiten eines Unternehmens ­gewohnt ist als auch im Team Entscheidungen durchdrücken kann.
Durchsetzungsvermögen ist also im gleichen Masse gefordert wie Kreativität, fachliches Know-how und Entrepreneur-Dasein. Abschliessend muss der zukünftige Growth Hacker für Hendrik Lennarz auch noch "eine 100-prozentige Leidenschaft für sein ­Produkt entwickeln".
Als K.o.-Kriterium erweist sich aber etwas ganz anderes, obwohl es so simpel klingt: "Solange die Unternehmen nicht verstanden haben, dass der Nutzer im Vordergrund steht, funktioniert auch kein Growth ­Hacking", schliesst CDO Harlinghausen.
Damit rückt er den Endverbraucher in den Fokus der Marketing-Manager. Dass diesen bewusst wird, dass nicht nur das eigene Produkt wichtig ist für erfolgreiches Growth Hacking, sondern auch die Menschen, die es weiterverbreiten, bleibt zu hoffen.



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