Vor der EU-Abstimmung 23.03.2019, 12:44 Uhr

Zensur im Netz: Die Reaktionen auf den geplanten Upload-Filter

Zahlreiche Vertreter aus Politik und Medien sprechen sich kurz vor der EU-Abstimmung noch einmal deutlich gegen den geplanten Upload-Filter aus. Das Parlament wird am kommenden Dienstag über die EU-Urheberrechtsreform beraten und vermutlich auch abstimmen.
(Quelle: Fotolia.com/damato)
Das EU-Parlament wird am kommenden Dienstag über die EU-Urheberrechtsreform beraten und vermutlich auch schon abstimmen. Am Wochenende werden in mehreren Städten in Deutschland und Europa Demonstrationen gegen die Urheberrechtsreform erwartet. Auch zahlreiche Politik- und Medienvertreter äussern sich kritisch zum geplanten Upload-Filter.
So hat etwa Digital-Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) ihre Ablehnung der vorliegenden Richtlinie bekräftigt. In einem Gastbeitrag in der "Main-Post" kritisierte Bär, es sei schon jetzt abzusehen, dass die Regelungen nicht "zu Rechtssicherheit und Klarheit führen, sondern zu einer maximalen Verwirrung".
Bär schloss sich der Argumentation von Internet-Aktivisten an, wonach die Bestimmungen des Artikels 13 der Richtlinie nur mit den umstrittenen Upload-Filtern umzusetzen seien: Wenn der neue Artikel in Kraft trete, müssten alle Inhalte bereits während des Hochladens auf etwaige Verstösse geprüft werden müssen. "Man muss keine international anerkannte Informatik-Expertin sein, um zu dem Schluss zu kommen, dass dies nur über technisch komplexe und algorithmenbasierte Filtertechniken geschehen kann: also über den Einsatz von Uploadfiltern." Das sei aber in vielerlei Hinsicht problematisch.

Gegen das europäische Leistungsschutzrecht

Bär wandte sich aber nicht nur gegen den besonders umstrittenen Artikel 13, sondern auch auf das im Artikel 11 festgeschriebene europäische Leistungsschutzrecht. Ein solches weitreichendes Industrierecht gebe es bereits in Deutschland. "Und inzwischen weiss man auch: Es funktioniert nicht." Denn anstatt grosse Suchmaschinenanbieter und Aggregatoren dazu zu bringen, Verlage aus abgetretenem Verwertungsrecht der Autoren für die Inhalte zu bezahlen, habe man sie dazu gebracht, Gratislizenzen zu vergeben, um auch weiterhin die hohen Reichweiten über Google und ähnliche Plattformen zu erzielen, meinte Bär.
Die CSU-Politikerin betonte, sie kämpfe leidenschaftlich für ein Urheberrecht. "Das alles muss geregelt werden. Denn Regeln ordnen, wo sonst Chaos herrschte. Die EU-Richtlinie, wie sie nun dem EU-Parlament zur Abstimmung vorliegt, macht Chaos jedoch noch etwas chaotischer. Das ist nicht der richtige Weg."
Es sei jetzt notwendig, nochmals auf Anfang zu gehen und ein Urheberrecht zu schaffen, das Klarheit schaffe statt Unsicherheit. Bär forderte "ein Modell zugunsten der Wertschöpfung, der Informationsfreiheit, der Kreativität und des freien Internets".

Der Bundesverband Deutsche Start-ups

Auch der Bundesverband Deutsche Start-ups hat vor Risiken für die Digitalwirtschaft gewarnt. Start-ups müssten dadurch künftig zum Beispiel Upload-Filter einsetzen, was mit hohen Kosten verbunden wäre, sagte ein Sprecher des Verbandes der Deutschen Presse-Agentur.
Die jungen Unternehmen könnten diese allerdings nicht selbst entwickeln, sondern müssten sie teuer einkaufen. Betroffen sein könnte bei Umsetzung der Reform vor allem Berlin: "In keiner anderen deutschen Stadt ist der Anteil der Wertschöpfung der Start-up- und Digitalwirtschaft höher als in Berlin", sagte der Sprecher.

Das sagt die SPD - und die Kirche

Auch die SPD will erreichen, dass bei der geplanten europaweiten Urheberrechtsreform umstrittene Filter für Internetportale wie YouTube vermieden werden. Juso-Chef (Jungsozialisten) Kevin Kühnert sagte dazu der "Augsburger Allgemeinen": "Die SPD wird sich für die Stärkung der Rechte von Urhebern, aber gleichzeitig klar gegen Artikel 13 und die damit verbundene faktische Zwangseinführung von Upload-Filtern aussprechen."
Die katholische Kirche hat sich ebenfalls in den Streit über die geplante Reform des EU-Urheberrechts eingeschaltet. Zum christlichen Menschenbild gehöre es, das geistige Eigentum anderer zu wahren, erklärte Medienbischof Gebhard Fürst, Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Daher sei es "wichtig, dass mit menschlicher Arbeit Geschaffenes geschützt und gerecht entlohnt wird. Dies gilt ganz klar auch für Werke im Bereich des Journalismus, der Literatur, Musik und Kultur."
Der Rottenburger Bischof Fürst betonte: "Es muss aber auch verhindert werden, dass Konzerne und deren Algorithmen darüber entscheiden, welcher Content letztlich auf ihren Plattformen erscheint." Ansonsten sei nicht gewährleistet, "dass Kulturgut und auch Informationen von möglichst vielen verschiedenen Urhebern möglichst vielen Nutzern zur Verfügung gestellt werden können".

Der umstrittene Artikel 13

Der umstrittene Artikel 13 sieht vor, Plattformen wie YouTube beim Urheberrecht stärker in die Pflicht zu nehmen. Etwa hochgeladene Videos sollen überprüft werden. Dies geht nach Auffassung von Kritikern nur über Upload-Filter, die beim Hochladen prüfen, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. Kritiker warnen vor Zensur.
Deutschland hatte mit Einverständnis der federführenden Justizministerin Katarina Barley der geplanten EU-Reform zugestimmt. Fatal wäre es aus ihrer Sicht, wenn der Richtlinienentwurf wegen der Diskussionen um Artikel 13 im EU-Parlament keine Mehrheit erhielte. In der Bundesregierung habe sie sich aber dafür eingesetzt, die Urheberrechts-Richtlinie ohne Artikel 13 zu verabschieden, hatte Barley gesagt.



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