Überraschend verformbares Silizium

Lithographie mit Endreinigung

Wheeler und seine Mitarbeiter hatten die Idee, alternativ zur Ionenstrahl-​Methode eine spezielle Form der Lithographie auszuprobieren. «Zuerst stellten wir die gewünschten Strukturen – in unserem Fall winzige Säulen – her, indem wir mit einem Gasplasma das nicht von einer Maske bedeckte Material von einer Siliziumoberfläche wegätzten», erklärt Ming Chen, ein ehemaliger Doktorand aus Wheelers Arbeitsgruppe. In einem weiteren Schritt wird die Oberfläche der teils weniger als hundert Nanometer breiten Säulen zunächst oxidiert und dann gereinigt, indem die Oxidschicht mit einer starken Säure restlos entfernt wird.
Der Herstellungsprozess der festen, verformbaren Siliziumsäulen (links). Durch eine Maske aus Lack werden die Säulen zunächst geätzt, dann oxidiert und schliesslich gereinigt. Das Endresultat ist rechts zu sehen
Quelle: M.Chen/ETH Zürich
Anschliessend untersuchte Chen mit einem Elektronenmikroskop die Festigkeit und plastische Verformbarkeit von verschieden breiten Siliziumsäulen und verglich die beiden Herstellungsmethoden miteinander. Dazu drückte er einen winzigen Diamantstempel in die Säulen hinein und beobachtete deren Verformungsverhalten unter dem Elektronmikroskop.

Frappierende Ergebnisse

Die Ergebnisse waren frappierend: Die mit einem Ionenstrahl gefrästen Säulen brachen schon bei einer Breite von weniger als einem halben Mikrometer ein. Bei den per Lithographie-​​Verfahren hergestellten Säulen dagegen kam es erst bei Breiten über vier Mikrometern zu Sprödbrüchen, dünnere Exemplare konnten der Belastung aber weitgehend widerstehen. «Diese lithographischen Siliziumsäulen sind noch verformbar selbst bei zehnfach grösseren Dimensionen, als wir sie bei mit Plasma gefrästem Silizium mit derselben Kristallrichtung beobachten konnten – und das bei doppelter Festigkeit!», fasst Wheeler die Ergebnisse seiner Experimente zusammen.
Die Festigkeit der lithografisch erzeugten Säulen erreichte sogar Werte, die man sich eigentlich nur theoretisch, also für ideale Kristalle, erwarten würde. Der Clou, so Wheeler, liegt in der absoluten Reinheit der Säulenoberflächen, die mit der abschliessenden Reinigung erreicht wird. Dadurch bleiben wesentlich weniger Oberflächendefekte übrig, von denen ein Bruch im Material ausgehen kann. Mit Unterstützung von Alla Sologubenko, einer Forscherin am Mikroskopie-​​Zentrum ScopeM der ETH, konnten die Forscher dank dieser zusätzlichen Verformbarkeit auch eine auffällige Änderung der Verformungsmechanismen bei kleinen Dimensionen beobachten. Dies brachte neue Details zur Verformung von Silizium ans Licht.

Autor(in) Oliver Morsch, ETH News



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