Gamen mit Hirn

Interesse von Tech-​Firmen

Im Gegensatz zu anderen am Cybathlon präsentierten Technologien ist das BCI noch am weitesten von ersten praktischen Anwendungen entfernt. Eine solche wäre zum Beispiel die gedankliche Steuerung eines Rollstuhls. Doch die Vorbereitung und Nutzung einer Elektrodenkappe ist umständlich und die Signalumwandlung komplex. Einfacher geht dies bislang über Signale, die von noch aktiven Muskeln ausgehen, wie zum Beispiel den Augenlidern. Solche Signale sind deutlich stärker als die «Gedankensignale».
Bereit zum Cybathlon 2020: Nicole Wenderoth, Ernest Mihelj, Samuel Kunz, Paulina Kratka und Rea Lehner (von links nach rechts)
Quelle: ETHZ
Von Seiten Industrie ist das Interesse an BCI aber schon heute riesig. Google und Facebook investieren Millionen in diesen Bereich. Nach der Sprachsteuerung soll die gedankliche Steuerung von Smartphones und Tablets das nächste grosse Ding werden. Auch Tesla-​Gründer Elon Musk setzt mit dem Unternehmen Neuralink auf das BCI. Dafür entwickeln über 90 Mitarbeitende unter anderem hauchdünne, implantierbare Elektroden. Eine sichere Anwendung am Menschen ist aber noch ausstehend. Lehner steht solchen invasiven BCI denn auch kritisch gegenüber: «Mit Elektroden, die direkt ins Gehirn eingesetzt werden, erhält man natürlich viel deutlichere Signale als über eine Kappe», sagt sie. «Doch solche Eingriffe sind in Bezug auf den Patientennutzen bisher nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.» Komplikationen können schwerwiegend sein und noch fehlen Langzeitstudien mit grossen Kohorten. Lehner hofft deshalb, dass die Entwicklung von nichtinvasiven BCI-​Technologien schnell vorangeht, damit invasive nur in Ausnahmefällen zum Zug kommen.

Mit Nickerchen zum Sieg

Am Cybathlon wird Samuel Kunz versuchen, sich gegen elf internationale BCI-​Teams durchzusetzen. Über eine Strecke von 500 Metern wird er alle vier Kommandos viermal ausführen müssen, wobei die Reihenfolge unbekannt ist. Als Favorit gilt das Siegerteam von 2016 um den ehemaligen EPFL-​Professor José Millán. Die grösste Herausforderung für den Piloten sei, die Gesichtsmuskulatur nicht zu bewegen, erzählt Kunz, denn das führe zu schweren Störsignalen. Sein bislang bestes Resultat erzielte er nach einem erholsamen Mittagsschlaf. «Ob mir ein solches Nickerchen jedoch kurz vor dem Rennen mit tausenden von Zuschauern gelingen wird, weiss ich noch nicht.»
Dieser Artikel wurde zunächst auf ETH News publiziert.

Autor(in) Samuel Schlaefli, ETH-News




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