Testlauf in Berlin 26.08.2017, 08:45 Uhr

Gesichtserkennung lässt Datenschützer bangen

Der Berliner Testlauf zur Gesichtserkennung im Bahnhof ist umstritten. Der Bundesinnenminister verteidigt das Projekt mit vielen Worten. Die Skeptiker sind in der Minderheit - überzeugt werden sie aber nicht.
(Quelle: shutterstock.com/Montri Nipitvittaya)
Werkzeug gegen Kriminalität und Terror oder Datenschutz-Fiasko? Der Bundesinnenminister hat eine klare Meinung. Thomas de Maizière (CDU) steht am Donnerstagvormittag im Berliner Bahnhof Südkreuz und verteidigt sein Pilotprojekt zur automatischen Gesichtserkennung durch Überwachungskameras. In seiner leicht hölzernen Art spricht er von einem "unglaublichen Sicherheitsgewinn für die Bevölkerung". Erste Testergebnisse würden eine "erstaunliche Treffgenauigkeit" zeigen.
Die öffentliche Fahndung nach "Terroristen, nach Gefährdern, nach schweren Straftätern" könne durch Gesichtserkennungsprogramme und Kameras massiv verbessert werden, sagt de Maizière. Alles unter der Voraussetzung, dass die Technik zuverlässig funktioniert. Und genau das müsse man jetzt testen.
Wenige Meter von de Maizière entfernt hält Friedemann Ebelt ein Protestplakat gegen den sechsmonatigen und in dieser Form bisher einmaligen Test von Bundespolizei und Innenministerium empor. "Transparenz geht anders. Projekt abbrechen", steht darauf. Ebelt gehört zu Digitalcourage, einer Datenschutzinitiative meist jüngerer Computerexperten. "Es gibt keine Studie, die nachweist, dass Videoüberwachung Kriminalität reduziert", sagt er.

Datenschützer lehnen Gesichtserkennung ab

Ebelt und andere Datenschützer sind grundsätzlich gegen die Gesichtserkennung durch Computer. Weil das Pilotprojekt der Bundespolizei aber schon läuft und sich bislang relativ wenig Protest regte, suchten sie sich einen konkreten Kritikpunkt. Sie analysierten den sogenannten Transponder, einen kleinen Sender, den die 300 freiwilligen Testpersonen bei sich tragen. Mit seiner Hilfe wird die Anwesenheit der Testpersonen im Bahnhof festgestellt - als Vergleichgrösse zur Identifizierung durch die Kameras und Computer.
Die Transponder können aber noch viel mehr Daten senden: Beschleunigung, Temperatur und Neigung des Untergrunds etwa. Ebelt und seine Mitstreiter empfangen tatsächlich Daten des Transponders einer Testperson mit einem beliebigen Smartphone und einer App. Es handelt sich allerdings nur um die Kennnummer des Transponders und der Temperatur.
Das Innenministerium hatte bereits versichert, alle anderen Funktionen seien bei dem Versuch abgeschaltet. De Maizière betonte, er sehe "überhaupt keinen Grund, den Test jetzt abzubrechen". Einzelne Testpersonen könnten natürlich jederzeit aussteigen. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Vosshoff hatte zuvor einen vorläufigen Stopp des Tests gefordert.




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