Alternative Marketing-Konzepte abseits der ausgetretenen Pfade

Hebelkraft der Authentizität

Influencer Marketing auf sozialen Netzen beruht auf denselben Mechanismen, auf die Kuka zuvor schon bei Testimonials gesetzt hatte. Der Werbetreibende nutzt die Authentizität einer Sympathieperson, um die Marken-Bekanntheit in der Zielgruppe (Brand Awareness) und die Reichweite zu steigern. Wird eine solche Kampagne richtig umgesetzt, übertragen sich die Sympathiewerte vom Influencer auf die Marke. So kommt eine Hebelwirkung zustande.
Authentizität auf YouTube: Der Industrie-Roboter von Kuka macht auf dem Schreibtisch der Influencerin Simone Giertz spielerisch eine gute Figur.
Quelle: Simone Giertz/Kuka AG
So einfach, wie sich das anhört, ist das Ganze aber nicht. Denn das Publikum in den sozialen Medien gilt als sehr feinfühlig. Beim Verdacht auf Praktiken wie Schleichwerbung oder verstecktes Sponsoring können der Markeninhaber und der Influencer leicht in die Schusslinie der Kritik geraten. Darum müssen sich Unternehmen bei solchen Projekten einer strikten Authentizität verpflichten.
Authentizität bewährt sich im Übrigen zunehmend auch bei konventioneller Werbung, vor allem wenn diese eine jüngere Zielgruppe ansprechen soll. Diese Erkenntnis ist neuerdings bei der Deutschen Bahn angekommen.

Geänderte Wagenreihung

Als einziger Anbieter bundesweiter Bahnreisen muss sich die Deutsche Bahn eigentlich keinen direkten Mitbewerbern stellen, anders als beispielsweise ein Mobilfunkanbieter. Gemessen an den Marketing-Aktivitäten des Konzerns würde aber kaum jemand darauf kommen. Denn der De-facto-Monopolist rührt überaus gerne die Werbetrommel, gelegentlich sogar im grossen Massstab - wie im Fall der Markenkampagne #lalaläuft.
Quelle: Adobe/Coleman Parkes
Für den Werbespot zur Image-Auffrischung verpflichtete die Bahn die renommierte Agentur BBDO. Die zog alle Register und gewann unter anderem Ex-Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg und Rocklegende Iggy Pop. Der Werbespot sollte die Bahn mit ihren digitalen Angeboten in die Realität des 21. Jahrhunderts holen. Gewürzt mit einem kräftigen Schuss Selbstkritik kommt der Kurzfilm durchaus unterhaltsam daher.
Wer jedoch die Reaktionen in den sozialen Netzen mitverfolgt, für den zeichnet sich ein differenzierteres Bild ab. Als grössten Kritikpunkt am "besten Werbespot der DB-Geschichte" führen die Bahnreisenden die chao­tische Unberechenbarkeit der eigentlichen Dienstleistung ins Feld. Ein Werbespot mit Starbesatzung ist kein Ersatz für einen guten Service. So verpufft die Hebelwirkung.

Schwungrad statt Trichter

Marketing-Praktiker sind sich einig: Das konzeptionelle Framework eines Verkaufstrichters (sales funnel) hat längst ausgedient. Es hat nämlich eine gravierende Schwachstelle: Im Verkaufstrichter sind Bestandskunden gar nicht vorge­sehen. Die Hebelwirkung einer bestehenden Kundenbeziehung kommt hier überhaupt nicht zum Tragen. Dadurch verliert das Unternehmen an Schwung, das organische Wachstumspotenzial wird nicht voll ausgeschöpft. Im klassischen Modell des Verkaufstrichters liegt der Fokus auf der Konversionsoptimierung; der Kunde und seine Bedürfnisse treten in den Hintergrund.
Nicht so beim Schwungrad (flywheel). Hier steht der Kunde im Mittelpunkt aller Unternehmensprozesse - vom Marketing über den Vertrieb bis hin zum Service und zurück zum Marketing. Marketing, Vertrieb und Service greifen in diesem Modell ineinander. So wird aus jedem Berührungspunkt ein Hebelpunkt für kontinuierliches Wachstum.
Spätestens dann stossen Unternehmen auf eine neue He­rausforderung, nämlich die Notwendigkeit, die Individualisierung der Interaktionen entlang der gesamten Kundenreise skalierbar zu handhaben.




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