Von Ambient bis Viral 06.05.2019, 18:22 Uhr

Alternative Marketing-Konzepte abseits der ausgetretenen Pfade

In Zeiten von Reiz- und Informationsüberflutung muss das Marketing alle Register ziehen. Künstliche Intelligenz kann hier nur bedingt helfen. Personalisierung ist das Stichwort.
(Quelle: shutterstock.com/Sasha Ka)
Das Marketing stehe unter Erfolgszwang, beobachtet Andreas Bauer, VP Marketing bei der Augsburger Kuka AG und Vorstand des Vereins "Bundesverband Industrie Kommunikation" (bvik). Zugleich konstatiert er trotz des enormen Kostendrucks "eine erfreuliche Entwicklung der Marketing-Budgets". Die Bedeutung des Marketings für den Unternehmenserfolg werde gerade im Mittelstand von immer mehr Unternehmensleitern gesehen, so Bauer weiter. Firmen würden daher in Marketing-Aktivitäten auch tatsächlich vermehrt investieren."Der Mehrwert setzt sich durch", weiss der bvik-Vorstand.
Quelle: Deloitte, CMO Survey 2018
Doch Geld ist im Marketing längst nicht mehr alles. Reiz- und Informationsüberflutung lassen klassische Marketing-Strategien zunehmend versagen. Im Geräuschpegel sozialer Interaktionen gehen konventionelle Botschaften unter. 92 Prozent der Kunden schenken den Empfehlungen ihrer Freunde und Familienangehörigen mehr Vertrauen als irgendeiner anderen Form von Werbung, fand die Marktforschungsagentur Spredfast & Lithium he­raus.
Nur zehn Prozent der B2C-Konsumenten vertrauen Marken. 81 Prozent lassen sich stattdessen durch Social-Media-Beiträge ihrer Bekannten beeinflussen. Und mehr als jeder Zweite gibt an, von einem Unternehmen, dem er nicht über den Weg traue, prinzipiell nichts zu kaufen.

Neue Wege gesucht

Für viele Mittelständler mit einer geringen Markenbekanntheit stellen diese Zahlen eine ernst zu nehmende Hürde dar. Vielen ist klar: Marken müssen Wege finden, um das Vertrauensdefizit abzubauen.
Auch im B2B-Umfeld geht es nicht viel anders zu. Eine Gallup-Studie, der "Guide to Customer Centricity Report" aus dem Jahr 2016, erbrachte die Erkenntnis, dass B2B-Anbieter, die ihre Kunden eng an sich binden, im Vergleich zu ihren Mitbewerbern satte 50 Prozent mehr Umsatz einfahren.
Marketing-Verantwortliche in B2B wie auch B2C suchen daher händeringend nach alte­r­nativen Ansätzen abseits der ausgetretenen Pfade.

Wirkung mit YouTube

Wie erreicht ein Hersteller von Industrierobotern fachkundiges Zielpublikum ausserhalb einer Messehalle? Kuka hat es im Dezember 2017 vorgemacht. Die Lösung: einer exzentrischen, 28 Jahre alten YouTuberin einen kollaborativen Roboter-Arm für 100.000 Euro leihweise auf den Schreibtisch stellen. Was die junge Erfinderin damit humorvoll und unverkrampft anstellte, zog über 1,2 Millionen YouTube-Zuschauer an. Und auf einmal war die Marke Kuka (auch) in Ingenieurkreisen der nordamerikanischen Industrie in aller Munde.
Umverteilung: Die Ausgaben für traditionelle Werbung in Kanälen ausserhalb des Internets schrumpfen.
Quelle: Deloitte/CMO Survey 2018 (n=362 US-Marketer)
Den Hersteller hat der Marketing-Stunt kaum Geld gekostet - aber Nerven. "Man muss den Mut haben, sich auf den Influencer einzulassen", betont Kuka-VP-Marketing Andreas Bauer. Platte Werbung sei ein Tabu. Influencer Marketing müsse authentisch sein; ohne Drehbuch, ohne Skript. Inhouse stiess die Initiative hinsichtlich der Wahrung der Marken­sicherheit durchaus auf Skepsis. Doch das Risiko einzugehen habe sich ausgezahlt. "Die Aussenwirkung war phänomenal“, erinnert sich Bauer und fügt hinzu: "Jeder hat das Augenzwinkern bemerkt."
Vor dem Experiment mit YouTube hatte Kuka auf Influencer Marketing über Kunden-Testimonials und Fachvorträge führender Wissenschaftler gesetzt und war eigenen Aussagen zufolge damit auch gut gefahren. Dann habe man Simone Giertz entdeckt. Giertz beschäftigte sich aus freien Stücken mit Robotern, aber mit solchen, die nicht funktioniert haben: Handklatschrobotern, Fütterrobotern, Zimmeraufräum- und Auffegrobotern. "Alles Riesen-Fails", so Bauer.
Der YouTube-Kanal von Simone Giertz erreichte ein breites Publikum, und auch Kukas Kernzielgruppe war darin stark vertreten. "Alle aus der Robotics-Community" hätten über diese Filmchen gesprochen und darüber gelacht, erinnert sich Bauer. Kuka ging dann selbst auf Simone Giertz zu und bot ihr an, ihr einmal einen professionellen Roboter zur Verfügung zu stellen, damit sie ihn auf ihre Art vermarktet. Bauer: "Von da an lief es wie geschmiert."




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