Bye, bye Marlboro: Wie Philip Morris digital wird

"Wir sind jetzt viel näher am Konsumenten"

Da mussten Sie ja auch umsteuern: Früher lief der Verkauf Ihrer Produkte ausschliesslich über den Handel, jetzt zum grossen Teil online.
Scheib: Es war sogar noch extremer. Es war ein klassisches B2B-Business. Wir haben gar nicht an den Endkunden verkauft, sondern an den Fachhandel. Heute haben wir den Online Shop auf Iqos.com, wir haben Flagship-Boutiquen und Pop-up-Stores. Das bedeutet: Wir sind jetzt auch B2C unterwegs, was eine grosse Veränderung darstellt. Damit sind wir viel näher am Konsumenten dran.
Wie hoch ist denn inzwischen der Online-Anteil?
Scheib: Zahlen können wir Ihnen hier aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht nennen. Die Konsumenten nutzen den Online Shop vor allem zum Kauf von ­Geräten. Heets kaufen sie eher in anderen Kanälen.
Ist Philip Morris mit Iqos in sozialen Kanälen präsent?
Scheib: Wir haben auf Facebook das Iqos Care Team. Dort kommunizieren wir mit den Kunden, die ein Problem haben. Hier kann ich eine Frage stellen und erhalte ­eine Antwort. Beispiel: Mein Gerät leuchtet rot. Was bedeutet das? Oder: Kann ich mein Gerät bei der Flugreise mit ins Handgepäck nehmen. Also: Verkaufsunterstützung. Sie können für diese Fragen übrigens auch den Chat-Button auf unserer Website nutzen. 
Wie gehen Sie mit Usern um, die sich nicht an die Spielregeln halten? Die zum Beispiel sagen "Schmeckt gar nicht so toll, wie ich ­gedacht habe", die Sie also gewissermassen zu einer werblichen Aussage verleiten …
Scheib: Tatsächlich kommen ganz viele Fragen zum Geschmack. Dann beantworten wir diese allein aus der faktischen Perspektive. Wir sagen zum Beispiel: Das liegt daran, dass der Tabak nicht verbrannt, sondern erhitzt wird. Der Dampf, den man inhaliert, ist anders als bei einer klassischen Verbrennungszigarette. 
Sie haben mit dem Online-Verkauf oder dem über Ihre Stores nun erstmals die Chance, mit Ihren Konsumenten direkt ins Gespräch zu kommen. Wie nutzen Sie das?
Scheib: Zunächst einmal: Wir haben eine ziemlich hohe Registrierungsrate bei ­jedem Gerät. Damit willigt der Konsument ein, dass wir mit ihm kommunizieren können und über welchen Kanal das geschehen soll. Dabei schätzt er es, dass er keine lästige Werbung erhält, was wir an den hohen Öffnungs- und Engagement­raten unserer E-Mails und Newsletter merken. Er kriegt stattdessen Tipps und Hilfestellungen, die er wirklich braucht. 
Und das wird nicht als Werbung emp­funden?
Scheib: Nein. Beispielsweise können Sie bei unserer klassischen Iqos derzeit nur ­einen Heatstick konsumieren, dann muss das Gerät erst wieder geladen werden. Jetzt wissen wir aber von unseren Kunden, dass sie in ihrer Raucherpause gerne auch mal zwei Heets in Folge konsumieren wollen. Das bedeutet: Wenn wir eines Tages ein Gerät auf den Markt bringen, das ­diese Nachfrage bedient, freuen sich die User darüber. So was wollen sie wissen. Sie ­sehen dies nicht als ungewollte Werbung, sondern als gewollte Information. 

"Wertvolle Kommentare der Kunden"

Diese Erkenntnis haben Sie jetzt vermutlich relativ leicht erhalten. Früher mussten Sie dafür Marktforschungsinstitute beauftragen.
Scheib: Genau, das ist ein grosser Unterschied zur Vergangenheit. Durch die User-Daten müssen wir viel weniger offline analysieren, weil wir viel mehr online one-to-one mitbekommen. Die Lernkurve, die wir aus den Konsumentendaten und dem Feedback vollziehen können, ist sehr wertvoll, das hatten wir früher so nicht. Wir ­erhalten jetzt aber auch eine grössere ­Menge an Daten. Wir erhalten in unserem Callcenter in Lissabon - allein für den deutschen Markt - Tausende Anrufe im ­Monat, das ist gewaltig. In den Gesprächen sind auch viele Kommentare der Kunden, die gar nichts mit der konkreten Anfrage zu tun haben, aber für uns unheimlich wertvoll sind. Das muss alles gefiltert, segmentiert und eingeordnet werden. Nur so können wir daraus Aktionen ableiten, die zu Verbesserungen führen. 
Wann werden Sie den Dialog mit dem Nutzer emotional aufladen?
Scheib: Erst kommt die Care-Phase, dann geht es um das Produkt und irgendwann wollen wir natürlich die Nutzer an unsere Marke Iqos binden. Dies ist für das Unternehmen essenziell, insbesondere dann, wenn ein weiterer Wettbewerber in den Markt tritt.
Diese Art Werbung ist über digitale Kanäle erlaubt?
Scheib: Wir kommunizieren hier wie früher auch mit registrierten Konsumenten aus unserer Datenbank, die uns dafür die Einwilligung gegeben haben.




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