So funktioniert die Marketing-Maschine der "Löwen"

Die Marketing-Maschine läuft von Staffel zu Staffel runder

"Vor dem Dreh ist nach dem Dreh - wir bauen unser Netzwerk ständig aus, unabhängig davon, ob gerade eine neue Staffel DHDL ansteht", so Frank Thelen. "Somit haben wir vor Drehbeginn Lebensmittel-einzelhandel-Filialen und Medienpartner für die neue Staffel sensibilisiert, die dann sofort nach Abschluss des Deals mit unseren Start-ups zusammengeführt werden - das alles passiert natürlich lange vor dem Sendetermin."
Von einigen Deals profitieren dagegen alle Löwen: So werden in diesem Jahr alle DHDL-Produkte, in die einer der Unternehmer investiert hat, direkt nach der Ausstrahlung bei Otto gelistet, auch bei Amazon sind die meisten der Produkte zu finden. Die RTL-Tochter Vox hat in diesem Jahr zudem zum ersten Mal einen eigenen Pop-up-Store für DHDL-Produkte zum Marketing- und Vertriebs-Mix beigesteuert. "Da muss man schon mit geschlossenen Augen durch die Welt gehen, um nicht mitzubekommen, was gerade in der 'Höhle der Löwen' vorgestellt wurde", so das Fazit von "Mr. Regal" Dümmel.
Tatsächlich hat sich die Marketing- und Vertriebsmaschinerie hinter der erfolgreichen TV-Show von der ersten bis zur ­aktuell vierten Staffel deutlich gewandelt: Von Jahr zu Jahr traten die Löwen offen­siver in Erscheinung, nutzten ihre neu ­gewonnene TV-Prominenz zu Marketingzwecken für ihre Investments. Auch die Partnerschaften mit Shopping-Sendern und Online-Shops scheinen von Jahr zu Jahr umfangreicher zu werden.  "Wir lernen von Staffel zu Staffel dazu", bestätigt ­Thelen. "Mit den Food-Start-ups der letzten Staffeln konnten wir schon einiges an Erfahrung und Fachwissen zusammentragen. So wissen wir jetzt beispielsweise, wer die richtigen Partner sind und wo genau wir mit dem jeweiligen Start-up hinwollen, um es auf lange Sicht erfolgreich zu machen. Hinzu kommt, dass die Show mit jeder Staffel populärer wird, wodurch sich natürlich auch neue Möglichkeiten eröffnen. Und nicht nur DHDL, auch die Marke Frank Thelen hat an Aufmerksamkeit und Ansehen gewonnen - so wird mein Name auch schon mal zum Türöffner." Doch aller Erfahrung und Vorbereitung zum Trotz: Manchmal läuft für die Gründer auch mit einem Löwen an der Seite einiges in Sachen Marketing gewaltig schief.

Abmahnungen: Sand im DHDL-Getriebe

Zu den diesjährigen Staffellieblingen ­zählte unter anderem das Produkt "Protect Pax", eine Flüssigversiegelung für Smartphone-Bildschirme, die diese nach dem Auftragen "100 Prozent bruchsicher" machen sollten, so die Werbebotschaft. Ralf Dümmel investierte, brachte innerhalb von kurzer Zeit nach der Ausstrahlung Hunderttausende Exemplare an den Mann - und sah sich gemeinsam mit den Gründern plötzlich einer Abmahnkanzlei gegenüber. "Die Gründer von Protect Pax haben live im Pitch gezeigt, dass die Nanoversiegelung selbst bestimmte Hammerschläge aushält", erklärt der Löwe. "Wir haben auf der Verpackung darauf hingewiesen, dass man auf kein Smartphone oder technisches Gerät mit dem Hammer schlagen sollte und es sich um einen symbolischen Charakter handelt. Trotzdem wurde beispielsweise das Hammer-­Emblem angegriffen. In solchen Situationen ist es entscheidend, wieder schnell lieferfähig zu sein. Wir haben daher die Verpackung aus dem Handel zurückgeholt, umverpackt und haben umgehend wieder neu ausgeliefert."
Doch das läuft nicht immer so verhältnismässig reibungslos, denn auch die Löwen sind nicht gegen Flops gefeit - was beispielsweise 120.000 bisher unverkäufliche "Pannenfächer" (ein Autozubehör, in das Ralf Dümmel im letzten Jahr investierte) beweisen. "Am Ende muss vor allem das Produkt überzeugen", so Dümmel. "Die Erfahrung zeigt, dass es Produkte gibt, die sich trotz Aufmerksamkeit in der Show, medialer Berichterstattung in grossen Medien und breiter Platzierung im Handel nicht am Markt durchsetzen konnten."
Und selbst der enorme Zug der TV-­Ausstrahlung kann sich besonders für Bestseller-Produkte vom Segen zum Fluch wandeln. Die Zahnfleisch-Pflegecreme Parodont musste in aller Eile nachproduziert werden, um dem Ansturm Herr zu werden, das Start-up Pony Puffin sah sich mitten im Run auf seine Frisierhilfe mit schlauen Zweitverkäufern konfrontiert, die das Produkt zum Normalpreis ankauften und dann, als die Gründer selbst ausverkauft waren, zu Wucherpreisen anboten. Regelmässig brechen die Shops der Start-ups unter den enormen Traffic-Zahlen schon während der Sendezeit zusammen. Vollständig vorbereiten kann man sich eben nicht - auch nicht mit Löwen-Power in der Hinterhand.



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