Frische Ware aus dem Netz 03.05.2019, 15:29 Uhr

Die Online-Revolution im Lebensmittelhandel fällt vorerst aus

Selbst der US-Gigant Amazon konnte die Machtverhältnisse im Lebensmittelhandel bislang nicht verändern. Bei Fleisch, Obst und Gemüse bleiben die Verbraucher Edeka, Rewe, Aldi und Lidl treu. Aber wird das immer so bleiben?
(Quelle: shutterstock.com/Cherries)
Schon die Hälfte aller Computer wird in Deutschland online gekauft. Ausserdem mehr als ein Drittel der Konsumelektronik und fast ein Viertel aller Kleidung. Doch in einem Bereich machen die deutschen Verbraucher nach wie vor einen Bogen um das Internet: Lebensmittel. Aber auch Waschmittel und Zahncreme kaufen sie nach wie vor fast ausschliesslich im Laden nebenan. Dabei hatte es vor zwei Jahren noch ganz anders ausgesehen.
Als Amazon Anfang Mai 2017 seinen Lebensmittel-Lieferdienst Amazon Fresh in Deutschland startete, fürchteten viele Händler, jetzt werde der US-Internetgigant auch die Art und Weise revolutionieren, wie in der Bundesrepublik Lebensmittel gekauft werden. So wie er zuvor den Einkauf von Büchern und Elektronik verändert hatte.
Doch die Internet-Revolution im Lebensmittelhandel ist Studien zufolge erst einmal abgesagt. In einer Untersuchung kommt der Marktforscher Nielsen zu dem Ergebnis: "Bei Lebensmitteln bleiben die Deutschen dem stationären Handel treu." Die Zahl der Online-Lebensmittel-Shopper stagniere hierzulande seit über fünf Jahren. Nur jeder sechste deutsche Haushalt kaufe zumindest ab und zu Waren des täglichen Bedarfs online.
Auch eine Studie des Digitalverbandes Bitkom kommt zu ähnlichen Ergebnissen. "Die Deutschen nutzen den Online-Handel für Lebensmittel deutlich weniger als für andere Produkte wie beispielsweise Bücher oder Möbel", betont die Nielsen-Expertin Nina Gemkow. Besonders bei frischen Produkten wie Obst und Gemüse gingen sie lieber auf Nummer sicher und kauften im stationären Handel.

Das dichteste Ladennetz in ganz Europa

Der Verzicht auf Online-Angebote werde den Verbrauchern durch das dichteste Ladennetz in ganz Europa erleichtert, betonten die Nielsen-Experten. Es gebe gemessen an der Einwohnerzahl in der Bundesrepublik zwei bis drei Mal so viele Supermärkte, Discounter und Drogeriemärkte wie in Frankreich oder Grossbritannien.
Edeka, Rewe und Co. beobachten die Entwicklung natürlich sehr genau und kommen zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen. Edeka-Vertriebsvorstand Claas Meineke sagte kürzlich mit Blick auf das Thema E-Food, also den Online-Handel mit Lebensmitteln: "Da halten sich die deutschen Verbraucher nach wie vor zurück." Auch der Rewe-Digital-Vorstand Jan Kunath urteilt: "Der Bereich wächst langsamer als viele angenommen haben." Das Online-Wachstum sei in diesem Bereich kein Selbstläufer wie bei Büchern.
Eher noch härter fällt das Urteil über die Internetgeschäfte beim Drogeriemarkt-Riesen Rossmann aus. Im Drogeriehandel habe der E-Commerce "noch keine Zugkraft", stellte Raoul Rossmann, der Sohn des Firmengründers, im Gespräch dem Branchenfachblatt "Lebensmittel Zeitung" fest. Rossmann hat die Kooperation mit Amazon Prime Now deshalb inzwischen eingestellt. Seinen eigenen Online Shop sieht der Konzern in erster Linie als Kommunikationsinstrument. "Kunden informieren sich bei uns über Öffnungszeiten, Produkte, deren Verträglichkeit, Mikroplastik oder Produktbewertungen. Rund 99 Prozent der Shop-Besucher kaufen aber nicht."



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