EU-Mehrwertsteuerreform 06.05.2019, 15:29 Uhr

Das ändert sich für Online-Händler bei der Mehrwertsteuer

Am 1. Januar 2021 tritt die Mehrwertsteuerreform EU-weit in Kraft. Sie soll den grenzüberschreitenden Handel vereinfachen - doch für Online-Händler im B2B und B2C wird nicht alles einfacher.
(Quelle: shutterstock.com/Jochen Netzker)
Von Rechtsanwalt Rolf Albrecht
Sieben Milliarden Euro zusätzliche Mehrwertsteuereinnahmen für die EU-Mitgliedstaaten und weniger Befolgungskosten bei grenzüberschreitenden Umsätzen für die Unternehmen: Das soll die geplante Mehrwertsteuerreform für die grenzüberschreitende Inanspruchnahme von Dienstleistungen und den grenzüberschreitenden Online-Handel bringen, die der Rat der Europäischen Union am 5. Dezember 2017 beschlossen hat.
Die Änderungen treten für E-Commerce-Unternehmen, die Waren an Endverbraucher liefern, zwar erst zum 1. Januar 2021 in Kraft und für B2B-Lieferungen noch ein weiteres Jahr später, doch müssen betroffene Anbieter schon jetzt rechtliche und praktische Vorkehrungen treffen.

Neue Regeln für Marktplätze

Ganz aktuell haben sich am 12. März 2019 die EU-Finanzminister auf Massnahmen geeinigt, die von der EU-Kommission vorgeschlagen worden waren. So werden sogenannte elektronische Schnittstellen, über die Händler aus Drittländern Waren oder Services im Wert von unter 150 Euro in EU-Staaten verkaufen, umsatzsteuerlich wie der Lieferant und damit Verkäufer bewertet. Damit soll gewährleistet sein, dass für Lieferungen aus Drittstaaten auch innerhalb der Europäischen Union Umsatzsteuer beigetrieben wird.
Unter "elektronischen Schnittstellen" versteht der Fiskus unter anderem Online-Marktplätze, Plattformen, auf denen Dritte Services anbieten, aber auch Online Shops, die ihren Kunden B2B-Verkaufsmöglichkeiten über einen eigenen Marktplatz eröffnen. Auch Dienstleistungsanbieter, die ein Lager oder den Versand und die Bestellabwicklung für Unternehmen aus Drittstaaten anbieten, fallen in diese Kategorie. In der Folge sind die Betreiber der "elektronischen Schnittstellen" dafür verantwortlich, die anfallende Umsatzsteuer an das jeweilige Finanzamt in dem EU-Mitgliedstaat abzuführen. Damit verbunden ist die Verpflichtung, entsprechende Aufzeichnungen über die abgewickelten Verkäufe von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen zu führen und diese darlegen zu können.

Änderungen für Händler

Ein weiterer Schritt der Mehrwertsteuervereinfachung bei grenzüberschreitendem Handel innerhalb der EU ist die Abschaffung individueller Schwellenwerte. Bislang war es so, dass E-Commerce-Unternehmen sich bei einem EU-Mitgliedstaat registrieren lassen mussten, wenn ihre Warenlieferungen oder Dienstleistungsangebote an Verbraucher im EU-Ausland den jeweiligen Mehrwertsteuerschwellenwert dieses Landes überschritten. Im Land des Käufers musste der Händler auch seinen Verpflichtungen auf Abführung der Umsatzsteuer nachkommen.
Rolf Albrecht, Fachanwalt für IT-Recht und gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kanzlei Volke in Waltrop
Quelle: Kanzlei Volke
Zum 1. Januar 2021 ändert sich diese Regelung auch für Waren. Dann werden die für die einzelnen EU-Staaten geltenden Schwellenwerte abgeschafft und ein einheitlicher Schwellenwert eingeführt, der dann die EU-weite Erbringung von Waren oder Dienstleistungen insgesamt erfasst und auf nationale, lieferortbezogene Einordnungen verzichtet. Dieser Schwellenwert beläuft sich auf 10.000 Euro netto im Kalenderjahr der Leistungserbringung und im vorangegangenen Kalenderjahr. Wird er überschritten, muss der Händler die Umsatzsteuer weiterhin in dem Land abführen, in das die Lieferung an den Endverbraucher erfolgte.
Allerdings vereinfacht sich dies für die Anbieter insoweit, als sie ab dem 1. Januar 2021 ihren umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen für alle Lieferungen innerhalb der Europäischen Union in ihrem Heimatstaat an einer zentralen Stelle, dem sogenannten One-Stop-Shop, nachkommen und diese - gesondert nach EU-Staaten - abführen können.

FBA als Sonderproblem

Ein spezielles Problem stellt die Nutzung von Fulfillment-Anbietern im Ausland dar. Denn reine Inlandslieferungen im EU-Ausland sind von der Neuregelung weiterhin nicht umfasst. Nutzt das E-Commerce-Unternehmen beispielsweise ein Lager bei einem Fulfillment-Dienstleister in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und liefert an einen Endverbraucher in diesem Staat, ist dies nach wie vor eine reine Inlandslieferung, die gerade nicht von der Neuregelung umfasst ist.
Somit ist nach wie vor eine Zusammenarbeit mit den örtlichen Finanzbehörden notwendig. Betroffen sind hier auch Online-Händler, die zum Beispiel Amazons Logistikservice Fulfillment by Amazon (FBA) in Lagern im EU-Ausland nutzen.

B2B-Shops haben noch Zeit

Auch B2B-E-Commerce-Unternehmen müssen sich auf neue Bedingungen einstellen. Aktuell sind grenzüberschreitende Lieferungen in einen anderen EU-Mitgliedstaat umsatzsteuerfrei, wenn die Grundlagen der §§ 4 Nr.1b, 6a UStG eingehalten werden.
Ab dem 01.01.2022 wird dies nicht mehr der Fall sein. Dann müssen B2B-Unternehmen bei ihren Lieferungen den Umsatzsteuersatz des Bestimmungslandes im Rahmen der Umsatzsteuer berücksichtigen. Auch dies wird über den sogenannten One-Stop-Shop im Land des Sitzes des B2B-E-Commerce-Unternehmens geregelt werden können.
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