TV-Tracking-Tools 11.04.2018, 10:34 Uhr

Ad Hijacking: Erfolg mit dem TV-Spot der anderen

Mithilfe von TV-Tracking-Tools lässt sich die Effizienz des Online-Marketings deutlich steigern. Auch wenn man selbst gar keine TV-Spots ausstrahlt.
(Quelle: shutterstock.com/Scott Bedford)
Die Zeiten, als die ganze Familie gebannt auf den Fernseher starrte und sich von nichts und niemandem ablenken liess, sind längst passé. Heute wird dem TV-Gerät nur noch in Ausnahmefällen die volle Aufmerksamkeit geschenkt. Manche Untersuchungen sprechen sogar davon, dass etwa die Hälfte der Zuschauer Smartphones, Tablets oder Laptops nutzt, während der Fernseher läuft.
Werbungtreibende setzen sich deshalb intensiv damit auseinander, wie sie mit diesen veränderten Gewohnheiten umgehen. Zumal darin die Chance steckt, über TV-Werbespots das Interesse an Angeboten im Internet zu wecken und den Zuschauer gezielt auf den Second Screen zu locken. "Second Screener können in Echtzeit zu im TV laufender Werbebotschaft angesprochen und in ihrer Customer Journey beeinflusst und gesteuert werden", sagt Andreas Steinrücke, CEO von XAD, München. "Dadurch kann zusätzlicher Traffic auf eine Zielseite gelenkt werden und dort eine gezielt auf den Spot abgestimmte ­Onsite-Ansprache vorgenommen werden."

TV Tracking verlängert die Reichweite ins Internet

Die XAD GmbH ist eine von zahlreichen Anbietern, die sogenanntes "TV Tracking" anbieten. Solch ein Tool ist gewissermassen die Voraussetzung dafür, das Online-Business über Spots im Fernsehen anzuheizen. Es erfasst genau, zu welcher Sekunde der TV-Spot zur Ausstrahlung kommt, und richtet daran die Online-Marketing-Massnahmen aus. "Mit TV Tracking können wir die Reichweite im ­Internet verlängern und gezielt das Publikum auf dem Second Screen ansprechen, da der genaue Ausspielungs-Slot getriggert wird", sagt Andreas Schubert, Leiter Online Marketing bei Tradeers. 
Wer über TV-Werbung und einen entsprechenden Call-to-Action seine Zielgruppe dazu animiert, eine Landing Page aufzurufen, eine App herunterzuladen oder auf Google Suchanfragen auslöst, sollte darauf vorbereitet sein. Denn viel Zeit hat er nicht. Die steigende Nachfrage im Netz stellt sich unmittelbar nach der Ausstrahlung des Spots ein und flaut nach wenigen Minuten wieder ab. Es gilt also, diese ­kurze Zeitspanne zu nutzen. 
Wenn beispielsweise in dem TV-Spot ­eine Pauschalreise auf die Kanarischen Inseln beworben wird, sollten die Keyword-Gebote für die Zeit unmittelbar nach Ausstrahlung entsprechend erhöht werden. "Die Synchronisation zwischen TV-Werbemassnahmen und SEA-Buchungen im Sinne einer Anpassung der Keyword-Gebote für bessere Anzeigenplatzierungen ist der Schlüssel zum Erfolg", betont Dimitros Haratsis, CEO von Adclear.

Spot löst digitalen Steuerimpuls aus 

Zum Werkzeugkoffer der TV-Tracking-Anbieter gehört es deshalb auch, zum Zeitpunkt der Spot-Ausstrahlung einen digitalen Steuerimpuls auszulösen. Dieser sorgt dann dafür, dass auf Facebook oder Amazon sofort passende Display Ads ausgeliefert werden oder dass das Suchmaschinen-Advertising auf Google auf die erwarteten Suchanfragen abgestimmt wird. Mit einer minimalen Verzögerung von weniger als zehn Sekunden könnten Display-Kampagnen auf über 30 Ad-­Exchange-Plattformen verlängert werden, so Markus Schindler, Head of Sales & Marketing bei Hurra.com.
Diese enge Verzahnung von TV- und Online-Werbung macht Fernsehen auch wieder für Kunden interessant, die sich sonst keine Spots leisten könnten. "Früher mussten Sie für viel Geld einen Spot produzieren und noch viel mehr Geld in ­Media investieren und dann zittern, ob die Kampagne erfolgreich sein wird. Viele junge Unternehmen sind daran gescheitert", erzählt Jasper Sasse, Geschäftsführer von Spoteffects. Heute dagegen könne man den "Lean-Start-up-Gedanken" auch auf TV übertragen. Erst einen ganz einfachen und günstigen Spot produzieren, dann erste kleine Testkampagnen buchen, deren Erfolg messen und daraufhin die Mediaplanung entsprechend optimieren - und sich so langsam hocharbeiten. Man müsse sich, so Sasse, bildlich eine "Lachs-Treppe" vorstellen.

Ad Hijacking kann auch erfolgreich sein

Das TV-Tracking eröffnet aber auch ­E-Commerce-Anbietern, die selbst überhaupt keine Fernsehwerbung schalten, ­interessante Möglichkeiten. So kann man sich beispielsweise an die Spots der Konkurrenz heften und deren Impact zur ­Bewerbung des eigenen Produkts nutzen. Das sogenannte "Ad Hijacking" könne sehr effizient sein, bemerkt Ralf Zmölnig, CMO von Spotwatch. 
Ein Beispiel: Der Schuhhändler Deichmann wirbt im TV für seine Sommersandalen, worauf bei Google und anderswo die Suchanfragen nach Sommersandalen in die Höhe schiessen. Da viele dieser Suchanfragen generisch verlaufen, also nicht immer den Namen Deichmann enthalten, kann es eine interessante Guerillastrategie sein, unmittelbar nach der Ausstrahlung der TV-Spots selbst das Keyword im SEA zu triggern. Der initiale Werbekontakt wird damit abgefangen und für das eigene Business genutzt - TV-abstinente Online-Shops können so von den Spots ihrer Wettbewerber profitieren.
Nicht immer führt das zu den gewünschten Klicks. Oft aber bleibt zumindest das befriedigende Gefühl, damit für einen ­Augenblick die Gebote der Konkurrenz in die Höhe getrieben zu haben.

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