Frauen dringend gesucht 14.12.2015, 10:10 Uhr

Das weibliche Geschlecht und die Digital-Branche

Kaum ein Digital-Event kommt heute ohne eine Panel-Diskussion oder ein Networking-Angebot speziell für Frauen aus. Doch nicht immer ist gut gemeint auch gut gemacht.
Gruppe Frauen steht vor der Weltkugel
(Quelle: shutterstock.com/maximmmmum)
von Mirjam Müller
Women’s Leadership Networking Breakfast, Women Create Tech, Girls’ Lounge - bei Digital-Veranstaltungen gehören Networking-Angebote spe­ziell für Frauen zum guten Ton. Das Ziel: Frauen sichtbarer zu machen und eine Plattform für Kontakte zu schaffen. Klar ist auch: Solange es noch solche spezifischen Angebote gibt oder diese nötig sind, sind Frauen nicht gleichberechtigt in der Branche vertreten. Das spiegelt sich auch bei den Digital-Konferenzen wider. Was die Sichtbarkeit von Frauen auf Veranstaltungsbühnen angeht, muss sich die junge Digital-Branche den Vergleich mit tradi­tionellen Männerdomänen wie dem ­Maschinenbau ­gefallen lassen: Hier wie dort bleiben die Männer lieber unter sich.
Immerhin hat die Internet-Wirtschaft das als Problem erkannt und versucht, ­ihren Veranstaltungen mit speziellen ­Angeboten für Frauen einen Anstrich von Gleichberechtigung zu verpassen. Im Prinzip keine schlechte Sache: Laut Branchenverband Bitkom arbeiten 953.000 Menschen in Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie.

Zu geringer Frauenanteil

Doch der Frauenanteil im Topmanagement lag zuletzt bei vier Prozent, im mittleren Management bei 6,5 Prozent. Unter die IT-Spezialisten mischen sich gerade einmal 15 Prozent Frauen - das heisst, auf sechs männliche IT-Spezialisten kommt eine Frau. Und selbst in der deutlich jüngeren Start-up-Szene sind Frauen als Führungskräfte Mangelware. Nur 13 Prozent der Gründer sind laut Deutschem Startup Monitor (DSM) weiblich. Gleichzeitig fehlen in Deutschland rund 41.000 IT-Spe­zialistinnen und -Spezialisten.
Bisnode Deutschland, Anbieter von Wirtschaftsinformationen, hat in einer gerade veröffentlichten Studie festgestellt, dass die Stellenbesetzung von Frauen im Topmanagement bei Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie stagniert. Eckhard Geulen, bei Bisnode für die Region DACH verantwortlich, sagt: "Die Studie führt deutlich zutage, dass es eine grosse Diskrepanz ­zwischen der realen Entwicklung und den vielen politischen Debatten gibt."

Vorbilder sichtbar machen

Die Digital-Branche tut sich keinen Gefallen, wenn sie für junge Frauen nicht ­attraktiv ist. Dazu gehören nicht zuletzt auch Geschlechtsgenossinnen, die in der Branche wahrgenommen werden. "Wir sind zuversichtlich, dass unser Engagement, Vorbilder sichtbar zu machen und die Vernetzung voranzutreiben, langsam Früchte trägt. Deutschland verdient mehr Frauen in Führungspositionen - auch in der Start-up-Szene", so Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverbands Deutsche Startups e.V.
Warum das Engagement in Form von speziellen Frauenangeboten auf Messen und Kongressen häufig misslingt, zeigt manchmal schon die Namensgebung. Die Pressereferentin einer renommierten Digital-Konferenz bringt es auf den Punkt, wenn sie auf die Frage, ob es bei ihrem Event auch etwas Ähnliches wie die bei der letzten dmexco angebotene Girls’ Lounge ­geben werde, antwortet: "Eine Girls’ Lounge haben wir nicht. Unsere Veranstaltung richtet sich nur an Erwachsene."



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