Chinesischer Messenger 02.12.2016, 19:34 Uhr

WeChat zensiert politische Chats

Der chinesische Messenger-Dienst WeChat zensiert im grossen Stil Chats mit heiklen politischen Inhalten. Das haben Forscher der Universität von Toronto herausgefunden.
(Quelle: Fotos593 / Shutterstock.com)
Zensur von Online-Diensten: Die populäre chinesische Messenger-App WeChat filtert Nachrichten auf Konten mit chinesischen Telefonnummern nach politisch heiklen Schlüsselwörtern und zensiert bevorzugt Gruppenchats. Selbst wenn ein Nutzer ausreist und zu einer ausländischen Nummer wechselt, dauert die Zensur an, fanden die Forscher von Citizen Lab an der Universität von Toronto heraus. Geblockte Chat-Nachrichten verschwinden neuerdings auch einfach heimlich, ohne dass der Absender wie bisher über die Zensur informiert wird, wie aus den Freitag vorliegenden Ergebnissen hervorgeht.
WeChat: Der chinesische Dienst soll im grossen Stil die Chats von Nutzern zensieren.
WeChat ist mit 806 Millionen monatlichen Nutzern die viertgrösste Messenger-App weltweit und das beliebteste Chat-Programm in China. Die Plattform reicht tiefer als andere in alle Lebensbereiche des Milliardenvolkes, da es unter anderem in China weit verbreitete Bezahlsysteme, Einkaufsmöglichkeiten, Informationen oder Taxi- und Fahrdienstvermittlung bietet. Chinesische Nutzer verbringen ein Drittel ihrer mobilen Online-Zeit auf WeChat, das der grossen chinesischen Technologiefirma Tencent gehört.
Für den Bericht mit dem Titel "Eine App, zwei Systeme" testeten die Forscher von Citizen Lab 26 821 sensitive Schlüsselwörter über WeChat-Konten in China, Kanada und den USA. 174 davon lösten die Zensur aus. Es ging meist um die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989, die prodemokratischen Proteste in Hongkong, die in China verbotene spirituelle Bewegung Falun Gong oder Motive mit Witzen oder Kritik an chinesischen Führern.
"Es gibt umfangreiche Zensur auf WeChat, aber aufgeteilt über verschiedene Dimensionen", kommentierte Ronald Deibert, Direktor von Citizen Lab. Indem jetzt still zensiert wird und der bisherige Hinweis ausbleibe, dass eine Nachricht "gesperrte Wörter enthält", rutsche WeChat zudem "tiefer in ein dunkles Loch", da es seinen Nutzern keine Rechenschaft mehr über seine Zensur leistet.



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