Nach dem Hype 07.01.2020, 10:01 Uhr

Wie Snapchat mehr Werbekunden bekommen will

Der Hype um Snapchat hat sich gelegt. Jetzt bemüht sich die Plattform intensiv darum, mehr Werbekunden für Augmented-Reality-Anwendungen zu begeistern.
(Quelle: Snapchat)
Für Werbungtreibende hat die Social-Media-Plattform Snapchat noch immer den Touch des Experimentellen. Wer dort wirbt, kann auf deutlich weniger standardisierte Formate zugreifen als anderswo. Er muss schnell sein und damit leben können, dass die Corporate Identity der Marke nicht unbedingt so gepflegt werden kann, wie es in den Handbüchern der ­Unternehmenskommunikation steht.
Die Marke Red Bull hat vor solch anarchischen Rahmenbedingungen bekanntermassen wenig Angst. Der Energy-Drink-Hersteller nutzte denn auch als ­erste Marke in Deutschland Snapchats neueste Augmented-Reality-Technologie "Landmarker AR“. Vom 1. bis 15. Dezember konnten Snapchat-User, die ihr Smartphone auf das Brandenburger Tor in Berlin richteten, einen virtuellen Weihnachtsmann sehen, der dort mit seinem Schlitten landet und eine Dose Red Bull trinkt.
Mit solchen Werbeaktionen kann man jüngere User auf Snapchat begeistern. Weshalb die Plattform für bestimmte Marken nach wie vor relevant ist. "Snapchat ist für Unternehmen sicherlich noch immer ein wichtiger Social-Media-Kanal, um ­eine jüngere Zielgruppe ansprechen zu können“, sagt Tobias Schied, Managing ­Director der Agentur Tobesocial, ­Stuttgart.

Snapchat-User sind älter geworden

Der Hype um die Plattform allerdings scheint ein wenig abgekühlt zu sein. Die Snapchat-Nutzer der ersten Stunde sind älter geworden und fühlen sich inzwischen eher zu anderen Plattformen wie YouTube und Instagram hingezogen. Die nachwachsenden Teenager wiederum sind bei TikTok bestens aufgehoben, einer Social-Media-Plattform, die Werbungtreibende vor einem Jahr nur vom Hörensagen kannten, die aber inzwischen als heiss gehan­delte Adresse gilt.

Studien belegen diese Verschiebung. Je nach Quelle weisen sie unterschiedliche Zahlen aus. Doch die Richtung ist eindeutig: Bei Snapchat hat sich die Aufwärtsentwicklung in der Nutzung verlangsamt, während die Akzeptanz von TikTok stark zunimmt. Das Wachstum bei Snapchat sei nicht mehr so "exorbitant", unterstreicht auch Digitalexperte Tobias Schied.

Test mit Dynamic Ads

Angesichts der Tatsache, dass man bei der Generation Z nicht mehr unangefochten die Nummer eins ist, feilte Snapchat in diesem Jahr weiter an seiner Positionierung. Das Unternehmen weist darauf hin, bei der Verwirklichung von Augmented-Reality-Anwendungen führend zu sein. Es gehe darum, die User mit Innovationen bei Laune zu halten und der Community immer neue und unterhaltsame Anwendungen der Kamera zu bieten.
Soeben stellte Snapchat beispielsweise "Cameos" vor: kurze, geloopte Videos, die die User mit ihrem Gesicht personalisieren können. Für jede Stimmung, ob aufgeregt, verliebt oder deprimiert, gibt es einen eigenen Cameo. Erst Mitte September ­hatte Snap seinen neuen 3D-Kameramodus präsentiert, mit dem die User Bilder aufnehmen können, die sich in Per­spektive und Aussehen ändern, je nachdem wie das Handy bewegt wird.

Auch Werbekunden werden immer neue Tools offeriert. Mitte Oktober gab Snap bekannt, für E-Commerce-Kunden "Dynamic Ads" entwickelt zu haben. Der Kunde kann aus verschiedenen Vorlagen auswählen oder gleich den ganzen Produktkatalog synchronisieren und sich ­automatisiert verschiedene Anzeigenvorlagen erstellen lassen. Bislang werden die Dynamic Ads in den USA getestet. Für die kommenden Monate ist der Roll-out in andere Länder geplant.

Neuer Deutschland-Chef kommt im Januar

Um den Werbekunden den Zugang zu Snapchat zu erleichtern, wurde im April 2019 auch das "Lens Creative Partner"-Programm eingeführt, eine Art Zertifizierung für Dienstleister mit Snapchat-­Know-how. Zum Start waren sieben Agenturen dabei, darunter etablierte Häuser wie Jung von Matt und TLGG, aber auch kleinere AR-Spezialisten wie Headraft oder Demodern.
Ziel der Initiative ist es, Berührungsängste abzubauen und mehr Marken an Snapchat heranzuführen - Marken wie Red Bull, Seat, Chiquita oder der Kölner Zoo, die die Snapchat-Technologie in diesem Jahr für technisch aufwendige, aber eben auch sehr individuelle Kampagnen nutzten.

Ab Januar kommen sich Snapchat und die Werbeindustrie noch ein wenig näher. Dann tritt Götz Trillhaas die seit Monaten vakante Position des Managing Director DACH an. Trillhaas kommt von Google und hatte dort das Werbegeschäft in Osteuropa ausgebaut. Er soll nun, so heisst es, das Geschäft im deutschsprachigen Raum auf eine "neue Stufe heben".




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