Wem gehört das Internet?

Skandal um .web-Domain 

Lange Zeit war .de die am häufigsten registrierte Länder-Domain der Welt. Inzwischen liegt .cn (China) vorn. Die Spitze hält nach wie vor .com.
Quelle: Denic; Stand Okt. 2016
Dass der Einfluss der alten Garde nicht zu unterschätzen ist, zeigt auch ein aktueller Fall: die New Top Level Domain .web. Sie gehört zu den Hunderten neuer Domain-Endungen, um deren Einführung und Verwaltung sich Organisationen und Firmen aus aller Welt seit Jahren bewerben. .web gilt als TLD mit Potenzial: Sie könnte sich zu einer Alternative zu .com entwickeln, der Internet-Domain schlechthin. Zahlreiche Firmen, darunter auch United-Internet aus Starnberg, bewarben sich darum, .web als Registry verwalten und vermarkten zu dürfen. Verisign, als Registry von .com und .net ein echtes Domain-Schwergewicht, sollte explizit nicht zum Zuge kommen - schliesslich bringt allein die .com-Domain Verisign pro Jahr über eine Milliarde US-Dollar ein.
Nachdem sich die Bewerber nicht einigen konnten, versteigerte ICANN die Rechte an .web zum Höchstgebot. Den Zuschlag bekam - für sagenhafte 135 Millionen US-Dollar - der weithin unbekannte Player Nu Dot Co. Wie sich im Nachhinein herausstellte, steckte dahinter Verisign, das Unternehmen zahlt 130 der 135 Millionen US-Dollar. Ob dieser Deal gegen die Regeln verstiess, war auf dem jüngsten ICANN-Meeting in Hyderabad eines der besonders heiss diskutierten Themen.

"ICANN will nicht Weltregierung sein"

Afilias-Mitbegründer Plilipp Grabensee
Philipp Grabensee, Strafverteidiger und Mitbegründer der .info-Registry Afilias
Philipp Grabensee ist Strafverteidiger und Mitbegründer der .info-Registry Afilias. Er sieht im Verhalten der ICANN rund um die Vergabe der Top-Level-Domain .web einen Prüfstein für das Multi-Stakeholder-Modell.
Die USA haben sich jetzt offiziell endgültig aus der Kontrolle über das Internet zurückgezogen. Warum?
Philipp Grabensee:
Die USA haben sich immer für ein freies und offenes Internet eingesetzt und das Multi-Stakeholder-Modell der ICANN unterstützt. Die ICANN setzt auf Konsensentscheidungen, sie will nicht die Weltregierung sein.
Dennoch verwundert es, dass die USA dieses Terrain kampflos räumen.
Grabensee:
Die USA hat zugesagt sich zurückzuziehen, sobald das Multi-Stakeholder-Modell der ICANN zeigt, dass es arbeitsfähig ist. Ausserdem hat das Ansehen der USA sehr unter der Snowden-Affäre gelitten.
Und, ist das Organisationsmodell der ICANN schon so weit?
Grabensee:
Auf dem ICANN-Meeting in Hyderabad gab es heftige Diskussionen um die Vergabe der .web-Domain an den Bieter Nu Dot Co, hinter dem offensichtlich Verisign steht. Afilias und andere Unternehmen hatten sich ebenfalls an der Auktion beteiligt, und wir sehen in dem Eingreifen von Verisign ein Verstoss gegen die ICANN-Guidelines. Deshalb haben wir Beschwerde gegen das Verfahren eingelegt. Wie die ICANN das Verfahren jetzt weiter betreibt, das wird sicherlich auch eine Bewährungsprobe dafür, wie unabhängig und überparteilich diese Organisation wirklich ist.




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