Muss Facebook Lügen löschen?

Kein Rechtsstreit notwendig?

Facebook sagt, man habe die Posts schon gelöscht. "Wir haben bereits schnell den Zugriff auf Inhalte gesperrt, die von Herrn M.s Anwalt korrekt an uns gemeldet wurden", erklärt ein Sprecher. "Deshalb glauben wir nicht, dass ein Rechtsstreit hier notwendig ist." Dass das soziale Netzwerk die ursprünglichen zwei Posts löschte, reicht Jun und Anis M. aber nicht: Facebook soll auch alle Einträge löschen, in denen andere Nutzer die falschen Behauptungen geteilt haben. Sie sollen auf Facebook nicht mehr auffindbar sein.

In dem Prozess klagt Anis M. als Einzelner, weil er der Meinung ist, dass seine individuellen Persönlichkeitsrechte verletzt werden. In der Politik entbrannte dementgegen in den letzten Wochen eine Debatte über den generellen Umgang mit Fake News. Die Bundesregierung hatte angekündigt, stärker gegen Falschmeldungen vorgehen zu wollen. Wie Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte, sollen soziale Netzwerke dazu verpflichtet werden, binnen 24 Stunden auf Beschwerden zu reagieren. Der Digitalverband Bitkom hatte diesen Plan zurückgewiesen: Angesichts von bis zu einer Milliarde Posts pro Tag sei eine solche Pflicht "operativ schlechterdings nicht umsetzbar", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Einschränkung der Meinungsfreiheit?

Eine Pflicht, Fake News zu löschen, würde zudem die Meinungsfreiheit massiv einschränken, fügte Rohleder hinzu. Eine Löschpflicht würde einen "dauerhaften Zensurmechanismus" installieren. "Wollen wir das? Wahrscheinlich nicht."

Obwohl die Würzburger Richter konkret nur über den Fall Anis M. entscheiden, könnte das Urteil dennoch wegweisend sein - weil es zeigt, wozu Facebook bei der aktuell geltenden Rechtslage schon verpflichtet werden kann. "Es kann auch sein, dass wir nur demonstrieren, dass wir gegen Facebook nicht ankommen", sagt Anwalt Jun. Aber dann wüsste man wenigstens, welche Gesetze die Politik ändern müsse.

Jun ist für Facebook kein Unbekannter. Das Verfahren am kommenden Montag in Würzburg ist die dritte Initiative, die der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt gegen das Online-Netzwerk gestartet hat. Die Staatsanwaltschaft Hamburg stellte ein erstes Strafverfahren wegen Beihilfe zur Volksverhetzung gegen mehrere deutsche Facebook-Manager im Februar vergangenen Jahres ein. Eine zweite Strafanzeige, nun auch gegen Facebook-Chef Mark Zuckerberg persönlich, ist in München noch anhängig. Das Würzburger Verfahren ist nun der erste Zivilprozess.




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