Das ist der düstere Alltag des Facebook-Löschteams

Psychologische Betreuung für die Facebook-Löschteams

An jedem Arbeitsplatz in dem Gebäude sind jetzt Aufkleber mit Kontaktdaten von Experten für psychologische Betreuung angebracht. Das sei nicht immer so gewesen, sagt Arvato-Manager Karsten König. Vielleicht hätte man von Anfang an die Angebote stärker in den Vordergrund rücken müssen, sagt er.
Die Mitarbeiter, die jetzt mit Journalisten sprechen, zeigen sich verletzt von den Berichten. "Ich war richtig sauer", sagt eine von ihnen. Weil damit ein Schatten auf die Arbeit der Teams geworfen werde. "Wir retten Leben, wir versuchen, Leuten zu helfen." Eine andere pflichtet ihr bei: "Wir kommen uns gut dabei vor, was wir machen. Wenn ich jemandem ersparen kann durch meine Arbeit, dass er das sehen muss, dann finde ich das sehr gut."
Ihr Arbeitsplatz sieht aus wie viele andere Grossraumbüros. Lange Tischreihen, an denen sich zehn bis zwölf Menschen gegenübersitzen. Pro Raum finden rund 60 Menschen Platz. In dem frisch bezogenen Gebäude - man zog gerade erst vom Haus gegenüber um - riecht es noch nach frischer Farbe. Die weisse Wand zieren ein grosser Facebook-Schriftzug sowie zwischen den Fenstern zwei Gefällt-mir-Daumen und ein App-Icon von Instagram. Obst und Gemüse werden vom Arbeitgeber gestellt, es gibt Yoga als Entspannungsangebot.
Alle drei Mitarbeiter, mit denen die Journalisten sprechen können, sind seit mehr als einem Jahr dabei und stiessen auf der Jobsuche auf die Lösch-Tätigkeit: eine Grafik-Designerin, eine Social-Media-Managerin, ein Landschaftsgärtner. Wie lange man das machen könne? "Jahrelang auf jeden Fall nicht, man möchte sich ja auch weiterentwickeln."
Der Job verändere einen, räumen die Mitarbeiter ein. "Es sensibilisiert auf jeden Fall", sagt eine von ihnen. Man sehe in der S-Bahn eine Frau mit Narben an der Hand, die einem vielleicht nicht aufgefallen wäre, wenn man sich nicht mit Selbstverletzungen beschäftigt hätte. "Leute tun sich grausame Sachen an", sagt ihre Kollegin. "Ich persönlich hatte schon vorher nicht so viel Glauben in die Menschheit und jetzt so gut wie gar keinen mehr."




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