Kundenkritik 03.10.2022, 08:11 Uhr

Harsche Kundenbewertungen auf eBay sind zulässig

Wann haben Verkäufer und Verkäuferinnen auf eBay Anspruch auf Entfernung einer negativen Bewertung? Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe kam nun zu einem Grundsatzurteil in einem aktuellen Fall aus Bayern. Demnach ist auch harsche Kritik erlaubt.
(Quelle: Shutterstock/Profitable Portfolio)
Der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich kürzlich mit der Frage, wie fundiert Kritik von Käufern und Käuferinnen auf der Internetplattform eBay sein muss und wann Verkäufer und Verkäuferinnen einen Anspruch darauf haben, dass eine negative Bewertung wieder entfernt wird (Az. VIII ZR 319/20).

In dem Fall hatte ein Mann über Ebay bei einem Unternehmen aus Bayern vier Gelenkbolzenschellen gekauft. Von den gezahlten 19,26 Euro waren 4,90 Euro Versandkosten. Als Bewertung schrieb er nach Erhalt der Produkte im Bewertungsprofil: "Ware gut, Versandkosten Wucher!!"

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Ebay heisst es zum Thema Bewertungen: "Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschliesslich wahrheitsgemässe Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten." So werden Äusserungen genannt, bei denen es nicht um die Sache geht, sondern das Herabwürdigen im Vordergrund steht. Beide Seiten hatten den AGB zugestimmt.

Unklar formulierte AGB

Der Wortlaut der AGB sei nicht eindeutig, sagte die Vorsitzende Richterin des achten Zivilsenats am BGH, Rhona Fetzer. Mehrere Interpretationen seien möglich. Und das weitreichende Grundrecht der freien Meinungsäusserung sei dabei tangiert.

Hier setzte auch BGH-Anwalt Thomas Kofler an, der den Kunden vertritt. AGB dürften nicht die Meinungsfreiheit einschränken, sagte er. Wie hoch die Versandkosten sind, könnte jeder potenzielle Käufer einfach nachprüfen. Die Vertreterin der Gegenseite, Brunhilde Ackermann, zielte auf die Wortwahl ab: ""Wucher" ist schon ein scharfes Geschütz." Da gebe es keinen Sachbezug. Der Kunde habe die Versandkosten von Anfang an gekannt und das Geschäft abgeschlossen.

Die obersten Zivilrichterinnen und -richter in Karlsruhe müssen klären, ob die genannte Kundenkritik gegen die Ebay-AGB verstösst. Die Verkäuferin, die Schlauchland GmbH, hält die Bewertung für unzulässig und will, dass der "Wucher"-Kommentar entfernt wird.

Ein Fall von Schmähkritik?

Das Amtsgericht in Weiden in der Oberpfalz hatte das abgelehnt. Es sah keinen Fall von Schmähkritik, weil die Bewertung in einen Zusammenhang mit den Versandkosten gestellt sei. Das Landgericht in Weiden wiederum entschied im Berufungsverfahren, dass es sehr wohl um Schmähkritik gehe. Es handele sich um eine überspitzte Beurteilung ohne sachlichen Bezug, weil für einen objektiven Leser nicht erkennbar sei, warum die Versandkosten "Wucher" sein sollen, erläuterte der BGH. Gegen dieses Urteil ging der Käufer in Revision.

Aus Sicht von Rechtsanwalt Sebastian Lehr, der die Firma Schlauchland GmbH in Weiden vertrat, handelt es sich um eine Art Präzedenzfall, "da die rechtliche Frage zu klären ist, inwieweit die Abgabe einer negativen Bewertung eine vertragliche Nebenpflichtverletzung darstellen kann". Solche Bewertungen stellten ein erhebliches Ärgernis für nahezu den gesamten Online-Handel dar, teilte der Jurist mit. Viele Kunden vertrauten auf die Bewertung vormaliger Käufer. Das sei teils wichtiger als der Ruf einer Marke oder eines Unternehmens.

Ungerechtfertigte negative Bewertungen seien demzufolge erheblich geschäftsschädigend, betonte Lehr. Der finanzielle Schaden sei nicht abzuschätzen, weil unklar sei, wie viele potenzielle Kunden sich auf diese Weise abschrecken lassen. Negative Bewertungen seien keine Ausnahme. "Diese kommen leider immer wieder einmal vor." Es ist nach seinen Angaben auch keine Seltenheit, dass Kunden mit absichtlich negativen Kommentaren drohten, um etwa Preisnachlässe oder eine Rückgabe von Waren nach Ablauf der Widerrufsfrist durchzusetzen.

Das Urteil

Nun hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Entfernung der Bewertung "Versandkosten Wucher!!" nicht zusteht, auch nicht unter dem vom Berufungsgericht herangezogenen Gesichtspunkt einer (nach-)vertraglichen Nebenpflichtverletzung.
Da die Klausel in eBays AGB nicht eindeutig formuliert sei und nicht klar definiere, was unter "sachlich" zu verstehen ist, sei es im Interesse aller Beteiligten, in einem solchen Falle auf die bestehende Rechtsprechung zur Schmähkritik zurückzugreifen. So könnte man die Richtlinien für Kundenbewertungen  möglichst transparent halten.



Das könnte Sie auch interessieren