Amazon Marketplace: So lässt sich dort Geld verdienen

Händler sollten auf mehreren Hochzeiten tanzen

Um nicht in die Gefahr einer zu grossen Abhängigkeit von Amazon oder einzelnen Amazon-Marktplätzen zu geraten, hat KW-Commerce sein Engagement möglichst breit aufgestellt: Das Unternehmen ist in Deutschland auch auf anderen Marktplätzen wie eBay, Rakuten und Hitmeister aktiv und im Ausland auf sämtlichen Amazon-Marktplätzen sowie auf landestypischen Plattformen wie etwa Taobao und T-Mall in China. "Die Abhängigkeit von einzelnen Amazon-Marktplätzen ist für uns verschmerzbar", erklärt Jens Wasel. "Wenn wir ein klassischer Online-Händler wären, der mit seinem Shop komplett von Google abhängig ist, würde ich viel schlechter schlafen."
Dass auch stationäre Händler mit der richtigen Strategie von der Plattform profitieren können, zeigt das älteste Spielwarengeschäft Deutschlands im sächsischen Torgau, Carl Loebner. Trotz 330 Jahren Geschichte sah sich die Spielwarenhandlung mit einem veränderten Kundenverhalten und rückläufigen stationären Umsätzen konfrontiert. Als Firmenchef Jörg Loebner von Amazon angesprochen wurde, ob er seine Spielwaren auf dem Marketplace verkaufen wolle, entschied er sich deshalb zu einem Testlauf. Die Ergebnisse waren ermutigend und sukzessive wuchs nicht nur das Marketplace-Angebot, sondern auch die Professionalität, mit der sich Carl Loebner im Online-Geschäft bewegt. 80.000 Pakete habe man 2015 an Amazon-Kunden verschickt, für 2016 gehe man von mindestens 100.000 aus, berichtet Jörg Loebner. Der Spielwarenhändler hat gelernt, mit den Eigenheiten des Amazon Markeplace zu leben: "Wir haben für jedes Produkt bestimmte Preispunkte festgelegt und steigen aus, wenn diese überschritten werden." Besonders lukrativ sei es, attraktive Produkte zu finden, die noch nicht von Amazon selbst gelistet würden oder bei dem Online-Riesen gerade ausverkauft seien. Trotzdem bietet Carl Loebner mit 65.000 Artikeln praktisch sein gesamtes Sortiment bei Amazon an. Der nächste Schritt ist für Jörg Loebner nun die Eröffnung eines eigenen Online-Shops. "Das wird unser zweites Online-Standbein", erklärt der Firmenchef optimistisch.

Als Traditionsgeschäft Erfolg auf Amazon

Ebenfalls ein Traditionsgeschäft, das bei Amazon gute Erfolge erzielt, ist der 150 Jahre alte Traditionshändler Breiter Hut & Mode. Juniorchef Alexander Breiter verfügt neben dem Amazon-Angebot auch über Erfahrungen mit dem Aufbau eines eigenen Online-Shops. "Amazon bietet uns jedoch die Möglichkeit, ein Publikum zu erreichen, wie es uns als mittelständischem Unternehmen alleine nie möglich wäre", erklärt der Nachwuchsunternehmer. Dennoch betrachtet er den Verkaufskanal Amazon nüchtern: "Amazon ist ein spannender Kanal für Zusatzumsätze, aber man darf nie von Amazon abhängig werden." Dafür sei das Marketplace-Geschäft zu stark preisgetrieben und es drohe die Gefahr, dass durch externe Faktoren dieser Vertriebskanal kurzfristig wegbreche. Immerhin nehme das Online-Geschäft bei Amazon für Breiter Hut & Mode eine Rolle ein, die bereits mit einer kompletten Filiale vergleichbar sei. Über den Versandservice Fulfillment by Amazon liefert das Modegeschäft inzwischen auch ins europäische Ausland. "Mit nur einem Click können wir alle unsere Artikel beispielsweise auch in Grossbritannien anbieten, vorausgesetzt, die Artikelbeschreibungen existieren dort schon", berichtet Alexander Breiter. Riesenumsätze, so schränkt er ein, dürfe man hier allerdings nicht gleich erwarten.
Marktbeobachter wie Alexander Graf sind sicher: Nicht auf Amazon zu verkaufen ist in vielen Fällen auch keine Alternative. Denn ein Grossteil der E-Commerce-Suchen beginnt inzwischen auf dem Marktplatz. Shopanbieter.de-Betreiber Peter ­Höschl vergleicht die Situa­tion bei Amazon mit einer "Putzsymbiose" unter ­Fischen: "Der Putzerfisch braucht den Raubfisch zum Überleben, muss aber ständig Angst haben, von ihm gefressen zu werden. Es scheint für Händler genügend Platz zu geben, eine 'Putzsymbiose' mit Amazon einzugehen. Die Gefahr gefressen zu werden, bleibt aber immer."




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