Was hinter dem Retro-Trend bei Multimedia-Produkten steckt

Die Anziehung der Wiederholung

Dabei gibt es auch ungewöhnliche Wendungen. So werden die Sofortbildkameras unter dem Traditionsnamen Polaroid inzwischen von einer Firma gebaut, die ursprünglich als Fanprojekt begann. Das «Impossible Project» formierte sich in den Niederlanden, nachdem Polaroid die Schliessung der dortigen Film-Fabrik angekündigt hatte - mit dem Ziel, die Produktion aufrechtzuerhalten. 2016 brachte Impossible dann eine eigene neuentwickelte Sofortbildkamera auf den Markt. Im Jahr darauf kaufte der Haupt-Anteilseigner vom Impossible die Marke Polaroid samt des Lizenzgeschäfts.
Und auch die modernen Versionen alter Spielekonsolen wie Nintendo Entertainment System oder der ersten Playstation kommen gut an. «Knapp jeder zweite Gamer (49 Prozent) in Deutschland findet die Neuauflagen von SNES, Playstation und Co. interessant», ermittelte der Verband der deutschen Games-Branche jüngst in einer Online-Umfrage unter mehr als 2000 Spielebegeisterten. Jeder vierte Befragte habe sich bereits eine gekauft.

Originale in Kombination mit Digitalem von heute

«In erster Linie funktionieren solche Trends natürlich gut bei Konsumenten, die die Zeit selber miterlebt haben», sagt Sascha Raithel, Professor für Marketing an der Freien Universität Berlin. «Das ist auch ein psychisches Phänomen: Erfahrungen aus der Jugend werden positiver abgespeichert, als sie es eigentlich waren.» Seltener könnten solche Trends aber auch bei jungen Menschen funktionieren, die die Zeit nicht mehr unmittelbar selbst erlebt hätten. Er warnt Unternehmen aber davor, mit der eigenen Zielgruppe alt zu werden. Häufig werde übersehen, dass nachwachsende Generationen andere Interessen und Vorlieben hätten.
Wohl auch deshalb konzentrieren sich die Anbieter von Retro-Produkten vor allem auf die Fassade: Alte Spielekonsolen mögen gut ankommen, doch die Grafik von damals sicherlich nicht. Deshalb steckt unter der Retro-Plastikhülle moderne Technik. Die Spiele müssen auch nicht mehr eingesteckt werden, sondern sind auf der Festplatte installiert. Auch die damalige Klangqualität von Kassetten dürfte niemanden mehr überzeugen, und dass man einen Player mit dem Computer koppeln kann, wird dem Verkauf ebenfalls helfen. Die Originale mögen gefeiert werden, doch auf die digitalen Annehmlichkeiten von heute mag vor allem die jüngere Generation nicht komplett verzichten. Von Matthias Arnold, dpa



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