Welche Technik ist die beste für das digitale Radio?

Die Kritiker

Kritisch gesehen wird DAB+ vor allem von privaten Hörfunkstationen, die ihr Publikum vor allem über UKW erreichen und Reichweitenverluste bei einer UKW-Abschaltung befürchteten. Ausserdem schrecken sie die Kosten für den Umstieg ab. «Anders als die ARD-Anstalten, die für ihren Umstieg auf DAB+ 2017 bis 2025 rund 600 Millionen Euro aus dem Rundfunkbeitrag erhalten, müssen die Privaten ihre Investitionen hier komplett aus ihren Werbeerlösen aus der UKW-Verbreitung finanzieren», erklärte der Privatsenderverband «Vaunet». «Das ist de facto nicht zu stemmen.»
Vor diesem Hintergrund plädierten im Niedersächsischen Landtag vor allem die Liberalen für einen Ausstieg aus DAB+, die nur eine Übergangstechnologie sei. In dem FDP-Antrag «Für eine digitale Radiozukunft» heisst es: «Wer in Deutschland die Vorteile des digitalen Radios nutzen will, kauft sich meist keinen neuen Rundfunkempfänger, sondern wechselt stattdessen auf Radio via Internet über das bereits vorhandene Gerät wie Smartphone, Smart Speaker, Tablet PC, Laptop oder PC.» Radio via Internet werde von rund 38 Prozent der Bevölkerung gehört, bei den 14- bis 29-Jährigen seien es fast 60 Prozent.
Das Plädoyer für den Radioempfang über des Internet bleibt aber selbst in Niedersachsen nicht unwidersprochen. Die Linke, die bei der Landtagswahl knapp den Einzug ins Parlament verpasst hat, weist darauf hin, dass 5G auf absehbare Zeit nur in Ballungsgebieten flächendeckend verfügbar sein werde und auch nur dort wirtschaftlich betrieben werden könne. «Dies ist für ein Flächenland wie Niedersachsen fatal.» Und im Gegensatz zum Radio hören über das Internet fielen bei DAB+ keine laufenden Kosten an, sondern es werde nur der einmalige Anschaffungspreis für einen geeigneten DAB+-Empfänger fällig.

«Point of no Return»

Deutschlandradio-Intendant Raue kann sich eine Wende nicht vorstellen: «DAB+ ist längst ein europäisches Projekt, in den meisten Ländern Europas ist DAB+ energisch auf dem Vormarsch, auch hier ist der «Point of no Return» längst überschritten.» Auch für den Präsidenten der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Siegfried Schneider, gibt es keinen Weg zurück: Wie Raue spricht er vom «Point of no Return», den DAB+ erreicht habe. In Bayern ist DAB+ besonders populär, weil dort nicht nur der öffentlich-rechtliche Bayerische Rundfunk auf den Standard setzt, sondern auch besonders viele Privatsender auf DAB+ senden.
Weiteren Schub könnte DAB+ durch die EU bekommen. Im vergangenen November stimmte das Europäische Parlament für die Übernahme des neuen European Electronics Communication Codes (ECC). Danach müssen Autoradios in Neuwagen künftig neben UKW den digitalen terrestrischen Radioempfang ermöglichen. Bis 2021 - nach Ablauf einer Übergangsfrist - wird die Übernahme dieser Regelung auch in Deutschland verpflichtend. Von Christoph Dernbach, dpa



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