Messaging-Dienste 21.03.2018, 15:04 Uhr

WhatsApp Business: Das Tool für den Mittelstand

Seit Kurzem gibt es WhatsApp Business für kleinere Firmen. Einiges deutet darauf hin, dass sich der Kommunikationskanal im Marketing etablieren könnte.
(Quelle: WhatsApp)
Als die GroKo stand, wurde dies zuerst über WhatsApp verkündet. Alles sei in "trockenen Tüchern" erklärte der SPD-Parteivorstand auf seinem WhatsApp-Kanal, von wo aus sich die Nachricht in Windeseile über andere Social-Media-Plattformen und klassische Medien verbreitete. "Schnell und wirksam wie Feueralarm" sei das Prinzip dieser Kommunikation, erklärt Matthias Mehner, Vice President Strategy & Innovation von der Agentur WhatsBroadcast.
WhatsApp hat als Kommunikationskanal einen beeindruckenden Siegeszug hingelegt. Seit vielen Monaten ist die App, die seit 2014 zu Facebook gehört, die Nummer 1 in den Stores von Google und Apple. Rund 40 Millionen Deutsche nutzen den Dienst, rund 70 Prozent von ihnen täglich. Verwendet wird WhatsApp in erster Linie zur Kommunikation mit Freunden. Doch in den vergangenen Monaten sprangen auch immer mehr Unternehmen auf den Zug auf: So wie die SPD nutzen zahlreiche Freiberufler, Mittelständler, aber auch Konzerne WhatsApp zur Kommunikation mit ihrer Kundschaft.

WhatsApp ist der sympathischere Newsletter 

"Ob Automobilhersteller für Endverbraucher, Pharma-Konzerne für B2B-Kontakte oder die Metzgerei für ihren Kiez: Die unterschiedlichen Best-­Practice-Beispiele sprechen dafür, dass sich WhatsApp für die verschiedensten Zielgruppen eignet", sagt Christian Wochagg, Chef der Agentur Gerhard in Berlin. Dabei kommt WhatsApp unterschiedlich zum Einsatz: Der Mode-Dienstleister Outfittery macht darüber seine Stylingberatung, der Online Shop Springlane liefert täglich Kochrezepte, das Pharma-Unternehmen Zen­tiva stellt Apothekern Medikamente vor, Zalando präsentiert neue Kollektionen, die mittelständische Druckerei Wenzel beantwortet Fragen ihrer Kunden. "Die Bandbreite an Möglichkeiten ist durchaus grösser, als es das kleine Chat-Fenster im ersten Moment suggeriert", sagt Wochagg. WhatsApp sei quasi der "sympathischere" Newsletter.
Angesichts dieses Zuspruchs hatte der Instant-Messaging-Dienst bereits im vergangenen September angekündigt, an einer professionellen Lösung für Unternehmen zu basteln. Denn die Kommunika­tion zwischen Privatpersonen und Unternehmen laufe auf "ziemlich rudimentäre" Art, schrieb WhatsApp in seinem Blog. "Wir haben von Geschäftseigentümern gehört, die mit Hunderten von Kunden von einem einzigen Smartphone aus kommunizieren, und von Leuten, die sich nicht sicher sind, ob das Geschäft, mit dem sie über WhatsApp kommunizieren, authentisch ist." In der Folge testete WhatsApp zahlreiche Funktionen und Tools - eine Version für kleine bis mittelgrosse Unternehmen und eine Lösung für Grossunternehmen mit globaler Klientel, wie beispielsweise eine Fluggesellschaft.

Version für Friseure und Handwerker

Ein erstes Ergebnis dieser Tests ist nun seit Ende Januar sichtbar. Seitdem kann unter WhatsApp Business eine Android-Version kostenlos heruntergeladen werden, die speziell für Kleinunternehmen wie Friseure, Handwerksbetriebe oder Pizzalieferanten entwickelt wurde. Die App bietet diesen Firmen einige Vorteile, die die "normale" App so nicht im Repertoire hatte. So kann der Anbieter
  • ein Unternehmensprofil erstellen, auf dem Kunden auf einen Blick Informationen zu Adresse, Unternehmensbeschreibung, Öffnungszeiten, E-Mail und Web­site erhalten,
  • Kontakte und Chats nach Labels ordnen, zum Beispiel nach Neukunden, neuen Bestellungen oder ausstehenden Zahlungen,
  • Schnellantworten formulieren und diese abspeichern, sodass man auf häufig gestellte Fragen nicht immer individuell antworten muss,
  • automatisierte Nachrichten verfassen, beispielsweise eine Abwesenheitsnotiz, wenn man in Urlaub ist oder gerade nicht antworten kann. Oder aber eine Begrüssungsnachricht - für jene User, die den Kontakt zum Unternehmen über WhatsApp das erste Mal suchen,
  • Einblick in Statistiken erhalten, zum Beispiel, wie viele Messages erfolgreich versendet, übertragen und gelesen wurden,
  • für die Anmeldung und den Betrieb eines Accounts auch eine Festnetznummer verwenden. Damit kann die private von der beruflichen Nutzung sauber getrennt werden. 
Um diese Features reibungslos steuern zu können, empfiehlt es sich, die Desktop-Anwendung von WhatsApp zu installieren. Damit kann man die Präsenz seines Unternehmens samt dazugehörigem Nachrichten-Output und Chat-Verlauf ganz klassisch über die normale Computertastatur steuern. 

Business-Version ist noch überschaubar

Die Akzeptanz von WhatsApp für die berufliche Nutzung wird mit diesem Angebot zunehmen. Der Kanal ist unkompliziert zu nutzen und zudem kostenlos. Das muss nicht immer so bleiben, vorerst finden sich aber keine Hinweise darauf, dass WhatsApp Business kostenpflichtig wird. "Es spielt für Firmen eine immer grössere Rolle, schnell zu agieren", sagt Tobias Schied, Managing Director der Agentur tobesocial, Stuttgart. "Ausserdem wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich über den Service gegenüber den Mitbewerbern zu differenzieren. WhatsApp bietet hier neue und schnelle Möglichkeiten."
Schied wartet jetzt darauf, dass die App weiter optimiert wird. Sinnvoll fände er es beispielsweise, wenn man beim Account weitere Admins hinzufügen könnte. Zudem wünscht er sich zusätzliche Content-Formate, wie man sie aus anderen Social-Media-Kanälen kennt, darunter 360-Grad-Fotos. "Die erste Business-Version ist noch überschaubar, vor allem, weil diese bisher nur als Android-App verfügbar ist", sagt Christian Wochagg. "Neben einer iOS-Version wären natürlich auch umfangreichere Analytics interessant, und künftig eine intelligente und einfache Anbindung an CRM-Systeme."
Whatsapp arbeitet indessen daran, gefakte Unternehmens-Accounts zu verhindern und damit verbundenen Unmut unter den Usern gar nicht erst aufkommen zu lassen. Ist gesichert, dass es sich bei dem Account um eine authentische Marke handelt, soll es ein grünes Siegel im Profil geben. Stimmt die Telefonnummer des Accounts mit der des Unternehmens überein, erscheint ein graues Siegel. Wenn eine Firma WhatsApp Business nutzt, aber weder verifiziert noch bestätigt wurde, erscheint ein Siegel mit Fragezeichen. Die Business App, so das offizielle Ziel, soll für Unternehmen und Nutzer gut durchdacht sein.

Aus rechtlicher Sicht: Whatsapp Business - Wunsch und Wirklichkeit

Von Kathrin Schürmann, Rechtsanwältin und Partnerin bei Schürmann Rosenthal Dreyer
Immer häufiger stellt sich für Unternehmen die Frage, ob und inwiefern Messenger-Dienste im Kundendialog eingesetzt werden können. Aus rechtlicher Sicht stehen hierbei vor allem wettbewerbsrechtliche und datenschutzrechtliche Herausforderungen im Fokus. Daneben sind natürlich die Nutzungsbedingungen der Messenger-Dienste selbst relevant. Bisher war die kommerzielle Nutzung von Whatsapp nicht ausdrücklich geregelt. Sinngemäss hiess es in den AGB, dass die kommerzielle Nutzung von Whatsapp grundsätzlich zulässig ist, solange der Nutzer dabei nicht das Gefühl (!) hat, Spam zu erhalten. Mit der Whatsapp Business App gibt es nunmehr keine Zweifel mehr an der Möglichkeit der kommerziellen Nutzung. 
… und nun ist alles möglich? Trotz Erscheinen der neuen Whatsapp Business App bleibt es allerdings bei den rechtlichen Anforderungen für die Nutzung von Whatsapp zur Kundenkommunikation, da auch mit der neuen App personenbezogene Daten verarbeitet werden und wettbewerbsrechtliche Aspekte betroffen sind. 
Rechtsanwältin Kathrin Schürmann

Rechtliche Zulässigkeit der Nutzung von Whatsapp

Bisher ist die Nutzung von Whatsapp Business für Unternehmen kostenfrei, es scheint jedoch durchaus möglich, dass sich dies in Zukunft bei erfolgreicher Etablierung der App ändert. 
Nach der Einführung von WhatsApp Business bestehen an der von WhatsApp gewollten Zulässigkeit der Nutzung für geschäftliche Zwecke keine Zweifel mehr. Die AGB von WhatsApp lassen bisher keinen Unterschied zwischen der Nutzung der klassischen Version von WhatsApp und der Nutzung der WhatsApp Business App erkennen, sodass es grundsätzlich dabei bleibt, dass die Nutzung beider Apps für geschäftliche Zwecke zulässig ist, WhatsApp sich jedoch vorbehält, diese Nutzung von einer Genehmigung abhängig zu machen. Es kann davon ausgegangen werden, dass in Zukunft nur noch WhatsApp Business für die Nutzung zur Kundenkommunikation zulässig sein wird und die Genehmigung von WhatsApp - unter Voraussetzung der Einwilligung in die Nutzungsbedingungen - beim Download oder der Verifizierung als "Unternehmens-Account" erteilt wird. 
Wird WhatsApp (Business) für Zwecke der Kundenkommunikation genutzt, ist die rechtliche Zulässigkeit vor allem von der Berücksichtigung datenschutzrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Aspekte abhängig. 
Unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist zu berücksichtigen, dass sowohl nach der bisherigen Rechtslage nach dem Bundesdatenschutzgesetz als auch nach der am 25. Mai 2018 endgültig in Kraft tretenden EU-Datenschutz-Grundverordnung eine Einwilligung des Nutzers (die vom Unternehmen und nicht von WhatsApp einzuholen ist) in die Kommunikation per WhatsApp erforderlich ist. Fehlt diese, so ist ein Überwiegen der Interessen des Unter­nehmens, das WhatsApp für die Kun­denkommunikation nutzen möchte, gegenüber den Kundeninteressen erforderlich. 
Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen der bisherigen Rechtslage nach dem Bundesdatenschutzgesetz und der Rechtslage ab Mai 2018 besteht darin, dass die DSGVO die Direktwerbung ausdrücklich als berechtigtes Interesse des Unternehmens anerkennt. Damit dürfte die Interessenabwägung ab Mai 2018 noch eher zu Gunsten des werbenden Unternehmens ausfallen, das WhatsApp damit auch ohne Einwilligung des Kunden zur Kundenkommunikation nutzen kann. Um nach der DSGVO "legal" zu sein, muss die Nutzung von WhatsApp und die damit verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten dabei allerdings erhöhten Transparenz- und In­formationsanforderungen unterworfen werden. Insbesondere muss der Nutzer in einer klaren, einfachen und verständlichen Sprache über seine Rechte, wie zum Beispiel sein Widerspruchsrecht, aufgeklärt werden. 
Werden die Daten des Kunden nur pseudonymisiert erhoben, ist auch ohne Einwilligung und Interessenabwägung eine Rechtfertigung gemäss § 15 Abs. 3 TMG möglich. 
Unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten ist eine Einwilligung des Kunden erforderlich, da WhatsApp-Nachrichten wie elektronische Post (E-Mails) zu behandeln sind und daher nicht gegen das Verbot der unzumutbaren Belästigung verstossen dürfen. Alle Einwilligungen sollten ausserhalb von WhatsApp - etwa auf der Homepage des werbenden Unternehmens mittels Link - eingeholt werden, um auch den Erstkontakt mit dem Kunden nicht ohne Rechtsgrund­lage durchzuführen und die Einwilligung entsprechend dokumentieren zu können. 
Verstösse gegen das Verbot unzumutbarer Belästigung versucht WhatsApp dadurch zu vermeiden, dass die Höchstzahl von Teilnehmern in einer Gruppe beschränkt werden soll und der Fokus auf der Kommunikation mit dem Einzelnen liegen soll. 
Noch nicht abschliessend geklärt ist bisher die Frage, wie die Tatsache zu bewerten ist, dass bei der Nutzung von WhatsApp zur Kundenkommunikation Daten des Kunden in die USA transferiert werden, die aus Sicht des deutschen und europäischen Datenschutzrechts als nicht sicheres Drittland gelten. Offen ist hier vor allem die Frage der Verantwortlichkeit für die Datenübermittlung, gerade im Hinblick auf eine Störerhaftung des werbenden Unternehmens.

Fazit 

WhatsApp Business bietet insbesondere kleineren Unternehmen eine Alternative, um gezielter mit Kunden kommunizieren zu können. Dennoch ändert sich an den rechtlichen Rahmenbedingungen wenig im Vergleich zur klassischen Version. Ohne Rechtsgrundlage ist eine Kommunikation mit dem Kunden per WhatsApp unzulässig.




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