Die Zukunft gehört den autonomen digitalen Objekten

Neue Rollen für Religion und Staat

Religiöse Vorstellungen werden tangiert

Diese «Programmierung über den Tod hinaus» könne sogar dazu führen, dass religiöse Vorstellungen tangiert würden. Menschen müssten die Seinfrage neu stellen. «Wir werden uns als Lebewesen definieren müssen, die zumindest digital über den Tod hinaus existieren», schlägt Maurer vor. Dies werfe einerseits traditionelle Vorstellungen und Konzepte vom Jenseits und Diesseits über den Haufen, führe andererseits zu einer ganz neuen Verantwortung und zu neuem Druck. «Ich muss über den Tod hinaus die Dinge richtig aufgesetzt haben, dass sie dann noch funktionieren», präzisiert er.
Für Maurer ist zudem klar, dass das skizzierte Szenario der autonomen digitalen Objekte zu Gegenbewegungen führen wird. Wer ist für deren Agieren verantwortlich, wer wird bei Fehlverhalten bestraft, seien wichtige Fragen, die in Zukunft geklärt werden müssten. «Wir werden wahrscheinlich ganz zwangsläufig neue Arten von juristischen Personen sehen», folgert Maurer.
Daneben würden ganz neue, flexible Methoden der Bezahlung entstehen, so der ETH-Professor weiter, wobei er heutige Kryptowährungen à la Bitcoin als Holzweg sieht, da deren Anonymität zu viel Missbrauch zulasse. Wohl eher würden sich Zahlungssysteme durchsetzten, die auf Konzepten basieren, wie er sie bereits mit den Smart Contracts präsentiert habe.
In dieser Welt werde der Kryptographie, die Maurer als nach wie vor in den Kinderschuhen steckend bezeichnet, eine besonders wichtige Rolle zukommen müssen. Verschlüsselungsverfahren würden sogar in Anbetracht von Quantencomputern Bestand haben. «Wir werden in Zukunft Methoden etabliert haben, die auch von Quantencomputern nicht mehr brechbar sein werden», ist er überzeugt.

Wird es noch Staaten wie die Schweiz geben?

Schliesslich stellte sich Maurer die Frage, ob es in der Welt der digitalen Objekte noch Staaten wie die Schweiz geben werde. «Vielleicht sind dann Länder wie die Schweiz nicht mehr wichtig, sondern jene Entitäten, die die digitale Welt kontrollieren», so Maurer. Dies könnten etwa multinationale Konzerne sein. Jedenfalls werde es einen Kampf geben darüber, ob wir in dieser Welt die digitalen Objekte kontrollieren sollen und wer dies schlussendlich tun müsste. «Meine Befürchtung ist dabei, dass es diesen globalen Player gar nicht geben wird», so Maurer.
Abschliessend meinte er, dass die digitale Explosion, in der wir uns befänden, zu Spannungen und Verwerfungen führen könnten, deren Ausmass er aber nicht vorherzusagen wage. «Ich würde mich in Aussagen verrennen, die dann an dieser Tagung in 20 Jahren zitiert würden, die aber so nicht eingetroffen sein werden», meinte er schmunzelnd.



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