Analyse: Eine Welt im Pokemon Go Monsterfieber

Marketing und Vertrieb wollen aufspringen

Trotz aller Erklärungsversuche bleibt ­Pokémon Go ein völlig unerwartetes Phänomen, das die Beobachter staunend zurücklässt - und Begehrlichkeiten weckt. Schliesslich zieht auf einmal eine breite, höchst engagierte Nutzerschaft regelmässig gut gelaunt durch die Stadt, um Monster zu fangen - für gewiefte Unternehmer vor Ort ein gefundenes Fressen. Die einschlägigen Pokémon-Gruppen auf Facebook quellen über von verwackelten Handyfotos von Werbeaufstellern, die Monsterjäger ansprechen sollen.
Da ist der Döner-Mann, dessen Bude zufällig auf einem PokeStop steht, also einem jener Orte, an dem sich Spieler in der virtuellen Welt mit neuen Bällen für die Monsterjagd eindecken können. Dort verkündet jetzt ein handgemaltes Hinweisschild zehn Prozent Rabatt für Monsterjäger, die vor der Bude ein Pokémon fangen.
Ähnlich macht es eine Pizzeria, die die-jenigen Tische mit Hinweisschildern ausstattet, von denen aus Spieler einen ­PokeStop oder eine Arena (ein Bereich, in dem Spieler ihre Pokémons gegeneinander antreten lassen) erreichen können. Da ist die Imbissbude, die Pokémon-Spieler mit Rabatten lockt und dabei augenzwinkernd mit dem spielinternen Wettbewerb zwischen den drei Teams jongliert: 10 Prozent Rabatt für Team Rot, 5 Prozent für Team Blau - und 20 Prozent Aufschlag für Team Gelb. Oder der Berliner Anbieter von Stadtführungen Seg-Tours, der ab ­August spezielle Pokémon-Touren ins Programm nimmt - inklusive Besuch der für seltene Pokémon-Sichtungen bekannten Gegenden und tatkräftiger Beratung eines Pokémon-erfahrenen Stadtführers.
Eine der ersten grösseren Ketten in Deutschland, die auf den Hype reagiert hat, war Mobilcom-Debitel. Der Mobilfunkhändler hatte bereits zwei Tage nach dem Deutschlandstart eine passende Marketing-Antwort auf das ­Pokémon-Fieber: Grün gewandete Mobilcom-Debitel-Mitarbeiter besetzten mit ­mobilen Aufladestationen bewaffnet den Berliner Alexanderplatz und boten Pokémon-Go-Spielern eine Möglichkeit, ihre von der ressourcenhungrigen Monsterjagd geschädigten Smartphone-Akkus kostenfrei wieder aufzuladen.

Die Reaktionen der Spieler sind meist positiv

Auch Powerbanks, also mobile Ansteckakkus fürs Handys, hatten sie im Gepäck. In den Geschäften wurden ebenfalls Ladestationen installiert und vorgeladene ­Akkus ins Sortiment aufgenommen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. "Die Abverkäufe in den Shops haben sich vor allem bei den Powerbanks stark erhöht, die Leute haben sich um unsere Schilder geschart", berichtet Marketing-Leisterin Kerstin Köder. "Bisher haben wir sehr positive Rückmeldungen von den Spielern bekommen, weil wir zwar werblich agieren, aber dabei natürlich im Sinne des Nutzers handeln." Bei Mobilcom-Debitel stand, wie bei ­anderen einfallsreichen Aktionen auch, der vertriebliche Nutzen im Vordergrund: Mithilfe der Monsterjäger soll der Umsatz gesteigert werden. Dabei bewegen sich die Akteure allerdings auch auf einem schmalen Grad - schliesslich will man die Spieler mit zu viel Werbung auch nicht vergrätzen. "Wichtig ist, dass man nicht wirbt um der Werbung willen, sondern etwas macht, was mit dem Produkt in Verbindung steht", ist Köder überzeugt.




Das könnte Sie auch interessieren