Cybersicherheit 09.03.2020, 07:12 Uhr

Mittelständler verstärkt unter ­Beschuss

Konzerne haben aufgerüstet, also sind Cyberkriminelle auf der Suche nach leichterer Beute. Diese finden sie in KMUs, da die Cybersicherheit hier oft nicht ausreicht um Angriffe abzuwehren.
(Quelle: solar22 / shutterstock.com)
An einem Wochenende Anfang Oktober liefen bei dem Schweizer Online-Marktplatz Digitec Galaxus die Server heiss: Mehrere Hunderttausend Log-in-Anfragen auf Kundenkonten trafen gleichzeitig ein, der überwiegende Anteil nutzte dabei fehlerhafte Nutzername-Passwort-Kombinationen. Wie der Online-Händler nach einer Überprüfung feststellte, erfolgten die massiven Log-in-Versuche auf die Kundenkonten ausnahmslos von Computern von ungewöhnlichen IP-Adressen, grösstenteils aus Russland oder Brasilien. Die Erklärung des Vorfalls lieferte Unternehmenssprecher Tobias Billeter einige Tage später: Offenbar hatten Angreifer im Darknet Listen mit Kombinationen von Benutzernamen und Passwörtern gekauft und diese automatisiert alle ausprobiert.
Und auch wenn die meisten Log-in-Daten nicht zu dem Shop passten: Bei immerhin 40 Konten wählten sich die Angreifer erfolgreich ein und kauften mit dem Guthaben der nichts ahnenden Kunden Software-Lizenzen im Wert von insgesamt 3200 Franken. Wenngleich die Kundendaten nicht durch eine Security-Lücke bei Digitec Galaxus, sondern anderswo im Netz entwendet worden waren, zeigte sich der Händler kulant und übernahm den Umsatz der Betrüger für seine Kunden.
Für Digitec Galaxus war der Vorfall keineswegs der erste Zusammenstoss mit Cyberkriminellen. Bereits 2017 warnte der Marktplatz 21'000 Kunden per E-Mail, dass sich Unbefugte Zugang zu ihrem Shop-Konto verschafft hatten. Auch damals wurde das Unternehmen durch massenhaft gescheiterte Log-in-Versuche auf das Problem aufmerksam. Und 2016 gehörte Digitec Galaxus zu den Opfern einer gross angelegten DDoS-Attacke auf Schweizer Unternehmen.
Das Beispiel zeigt: Cyberkriminalität gehört längst zum E-Commerce-Alltag - und jeder kann betroffen sein. Aktuelle Studien von Cybersecurity-Spezialisten wie Kaspersky, McAfee und vielen anderen malen ein erschreckendes Bild. Cyberkriminalität ist weltweit auf dem Vormarsch. Und: Nachdem jahrelang vor allem international aktive Grosskonzerne von Cyberangriffen betroffen waren - beispielsweise die Reederei Maersk, die während der grossen Wanna­cry-Ransomware-Welle Mitte 2017 einen Schaden von 200 bis 300 Millionen Euro verbuchen musste -, wenden sich die Angreifer mittlerweile zunehmend leichterer Beute zu, zum Beispiel dem deutschen Mittelstand.




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