"Unser Kunde ist ein Schnäppchen-Jäger aus der Millennial-Generation"

Mitspracherecht bei Retouren und Erstattungen

Und der Retourenprozess? Haben die Händler bei der Akzeptanz von Retouren bzw. von Erstattungen ein Mitspracherecht?
Engel: Wenn ein Händler sich bei Wish anmeldet, stimmt er bestimmten Policies zum Thema Retouren zu. Diese Richtlinien sind sehr kundenorientiert. Wir bieten Käufern, die einen falschen oder defekten ­Artikel erhalten, eine vollständige Rück­erstattung an. Wir wollen aber auch fair gegenüber unseren Händlern sein. Sofern ein Händler ein Produkt nicht aus Versehen versandt hat oder der gelieferte Artikel beschädigt oder defekt ist, muss der Verbraucher die Rücksendekosten tragen. 
Sie wollen nicht nur mit Händlern, sondern auch vermehrt mit Marken zusammen­arbeiten …
Engel: Ja, aktuell sind wir im Gespräch mit verschiedenen Markenherstellern. Parallel arbeiten wir daran, die Plattform stärker darauf auszurichten, unseren Kunden klarer zu kommunizieren, welche Markenprodukte auf der Plattform überhaupt zu finden sind. Das steckt aber alles noch ziemlich in den Kinderschuhen.

Ein Hindernis bei Verhandlungen mit Marken dürfte der hohe Prozentsatz von Markenfälschungen auf Ihrer Plattform sein. Wie gehen Sie mit diesem Problem um?
Engel: Wir nehmen das Thema intern sehr ernst. Tatsächlich sind wir über jeden Hinweis auf ein gefälschtes Produkt dankbar. Deshalb gibt es auch das Brand Protection Program, bei dem sich die Rechteinhaber direkt an uns wenden können, um Fälschungen löschen zu lassen. Das Team, das sich um das Programm kümmert, arbeitet aber nicht nur reaktiv, sondern scannt die Plattform auch selbst auf Fälschungen, um sie proaktiv zu löschen. Trotzdem kommt es weiterhin vor, dass solche Fakes auf Wish auftauchen. Wir gehen dagegen vor.
Wie?
Engel: Zu unseren Händler-Policies ­gehört auch ein Abschnitt zum Thema Produktfälschung, aus dem klar hervorgeht, dass wir das nicht akzeptieren. Händler, die trotzdem Produkt-Fakes auf Wish verkaufen, müssen mit hohen Geldstrafen oder auch mit einer Vollsperrung ihres Händleraccounts rechnen.
Wie effektiv arbeitet das Brand Protection Program?
Engel: Die Anzahl unserer Teilnehmer wächst stetig. Wenn uns ein Rechteinhaber kontaktiert und uns die entsprechenden Dokumente zum Schutz geistigen Eigentums vorlegt, wie etwa eine Markeneintragung, reagieren wir innerhalb von maximal 48 Stunden. Ziel ist es, unsere Plattform frei von Fälschungen zu halten.
Ein Problem für Käufer aus Europa sind die auf Wish wenig transparent vermittelten Versandgebühren. Aktuell sieht der Kunde beides erst spät im Checkout-Prozess.
Engel: Versandgebühren sieht unser Käufer tatsächlich erst im Checkout. Aktuell arbeiten wir an einer Lösung, um Versandkosten stärker zu bündeln, indem wir beispielsweise mehrere Produkte in einem Paket zusammenfassen. Das würde die Kosten für den Kunden deutlich senken.
Und was ist mit den langen Versandzeiten?
Engel: Die Lieferzeit der Artikel hängt von vielen Faktoren ab: der Lieferadresse, der Verfügbarkeit des Artikels und dem Spediteur, um nur ein paar zu nennen. Im ­Moment können wir daher die endgültige Lieferzeit erst dann anzeigen, wenn wir ­einen Überblick über die gesamte Bestellung haben. Wir arbeiten aber daran, unsere Lieferdienste zu beschleunigen und zu verbessern.
Noch grösser ist das Problem der Intransparenz beim Thema Zollgebühren. Bei manchen Produkten, die von ausserhalb der EU importiert werden, erlebt Ihr Kunde am Zoll eine böse Überraschung. Suchen Sie hier auch nach einer Lösung?
Engel: Wir verstehen uns grundsätzlich als Plattform und sehen hier die Informationspflicht aufseiten der Verkäufer. Aber natürlich sehen wir, dass die aktuellen Prozesse für Kunden unattraktiv sein können, deshalb arbeiten wir auch an ­einer Lösung, um die Zollkosten direkt im Bestellprozess transparenter zu ­machen. Das wird gerade getestet. Eine andere Lösung ist natürlich, den Anteil an Händlern aus Europa anzuheben - denn bei denen fällt das Problem Zoll­gebühren ja nicht an.
Werden Sie europäische Händler und ihre Produkte dann im Stream gesondert kennzeichnen - als zollfreie Produkte mit kurzen Versandzeiten?
Engel: Aktuell gibt es keine Pläne, das ­besonders zu kennzeichnen. Das wäre aber sicher eine gute Idee.

Mit der zu Jahresanfang gestarteten Initiative Wish Local versuchen Sie, lokale Händler als Lieferpartner für sich zu gewinnen: Kunden sollen ihre Wish-Bestellungen in ­lokalen Läden abholen können. Wie ist das Programm bisher gelaufen?
Engel: Bisher ist das Feedback recht ­positiv. 215 Shops sind aktuell bei dem Programm angemeldet, und diese Zahl wächst stetig. Es gibt also ein reges Inte­resse seitens der Händler. Auch auf Kundenseite sehen wir wachsendes Interesse. Bisher sind wir sehr zufrieden mit dem Programm.




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