Automatisierung mit Roboter 26.05.2015, 22:59 Uhr

Amazon Picking Challenge für schnelle Logistik

Noch können Menschen besser Artikel auswählen und sortieren als Maschinen. Das könnte sich aber bald ändern. Amazon möchte mit der Amazon Picking Challenge die Lageroptimierung vorantreiben.
(Quelle: Dataspeed Inc.)
Amazon forciert automatisierten Versand: Noch kann kein Roboter einen Menschen ersetzen, wenn es darum geht, ein Produkt im Regal zu identifizieren, es herauszunehmen und für den Versand zu verpacken. Doch Forscher experimentieren weltweit mit Robotern, die beim Picken von Waren helfen sollen. Ganz vorn mit dabei ist der Online-Händler Amazon. Das US-Unternehmen hat erstmals zur "Amazon Picking Challenge“ aufgerufen.
Rund 30 Teams aus Forschungseinrichtungen schicken ihre Roboter ins Rennen. Deren Aufgabe: Ware aus Regalen entnehmen und auf einem Tisch ablegen. Für die Amazon Picking Challenge muss die Maschine viele Fertig­keiten mitbringen. Sie muss das gesuchte Objekt erkennen, die Arm- und Greifbewegung steuern, das Produkt richtig anfassen, damit es nicht beschädigt wird, und ­eigene Fehler beim Picken erkennen. Für das korrekte Herausnehmen in einem vorgegebenen Zeitraum erhalten die Roboter ­Punkte.
Geht ein Produkt kaputt oder wird das falsche aus dem Regal genommen, gibt es Punktabzug. Insgesamt winken bei der Amazon Picking Challenge, die während der Internationalen Konferenz für ­Robotics und Automation ­(ICRA 2015) Ende Mai 2015 in Seattle stattfindet, Preisgelder in Höhe von 26.000 US-Dollar. Dass Amazon - nicht nur wegen der Amazon Picking Challenge - einer der Vorreiter bei der Automatisierung von Abläufen im Warenlager ist, ist nicht verwunderlich. Der E-Commerce-Pionier arbeitet unentwegt an der Optimierung seiner technologischen Infra­struktur.
2012 hat Amazon Kiva Systems für rund 775 Millionen US-Dollar gekauft. Der Technologieanbieter mit Sitz in North Reading, Massachusetts, der demnächst in Amazon Robotics umbenannt wird, stellt Lagerroboter her. Die Maschinen von Kiva fahren unter Regale, heben sie an und bringen sie zu den Lagermitarbeitern. Wenn der Mitarbeiter das Produkt aus dem Regalfach entnommen und in die Versandverpackung ­gelegt hat, fährt der Roboter das Regal wieder zurück.
Klingt einfach, ist aber hochkomplex, weil die Wege und die Steuerung des gesamten Systems berechnet werden müssen. Der Vorteil für die Mit­arbeiter: Sie müssen sich nicht mehr selbst bewegen, die Regale werden zu ihnen transportiert. Das spart Zeit. Die Logistik-Automatisierung von Kiva wird jedoch nicht ausserhalb der USA angeboten.

Amazon Picking Challenge revolutioniert Kleinteilelager

Eine andere Möglichkeit, die Lagerhaltung mit einem Roboter-System zu optimieren, bietet das norwegische Unternehmen ­Hatteland mit der Lösung "Autostore“. Das Prinzip ist ein anderes als bei Kiva Systems: Die Roboter von Autostore bewegen sich auf der obersten Ebene eines Regal­lagers, heben von oben die Kisten heraus und transportieren sie zur Warenausgabe.
Der Sportausrüster Tennis-point.de hat Ende 2012 mit der Vergrösserung des ­Logistikzentrums sein Kleinteilelager mit Autostore automatisiert. In dem Lager werden Tennisbekleidung und -schuhe, Griffbänder, Tennisbälle und viele andere Artikel aufbewahrt. Das 23 Meter breite und 37 Meter lange Kleinteilelager besteht aus 15 Ebenen. Auf der 16. Ebene verrichten 28 Roboter ihre Arbeit. Es ist ein in sich geschlossenes System, in dessen Inneren über 41.000 Kisten mit den eingelagerten Waren untergebracht sind. Die Roboter können 20 Stunden am Stück arbeiten, vier Stunden lang wird ihre Batterie aufgeladen.
Eingehende Bestellungen werden bis 22 Uhr an die Lösung weitergereicht. Das System berechnet nachts, welche Kisten nach oben gehoben werden müssen, und steuert die Roboter. Am nächsten Tag ist die Position der Kisten so vorbereitet, dass sie schnell zur Warenausgabe kommen. Vor der Installation des automatisierten Kleinteilelagers waren die Artikel auf zwei Hallen verteilt. Alles wurde händisch kommissioniert, berichtet Timo Beckmann, der als Software-Entwickler Teil des Projektteams war, das die Logistikprozesse geplant hat.
Früher benötigte ein Mitarbeiter beim Auswählen von Kleinteilen im Schnitt eine Minute pro Artikel. Nun schafft er 3,5 Artikel pro Minute. Die Automatisierung verringert nicht nur die Fehlerquote beim Kommissionieren, sondern senkt auch die Personal- und damit die Lagerkosten. Dieses Ziel dürfte auch Amazon mit ihrer Amazon Picking Challenge verfolgen. Und Roboter kommen auch nicht auf die Idee, für bessere Arbeitsbedingungen zu streiken.




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