Smart Packaging: Wenn die Verpackung mitfühlt

Smarte Etiketten für den Echtheitsnachweis

RFID-Tags ermöglichen eine lückenlose Überwachung der Lieferkette und sind ­daher auch eine wirksame Waffe im Kampf gegen Diebstahl und Produktpiraterie. Ein anderer Weg, Produkte vor kriminellen Machenschaften zu schützen, sind smarte Etiketten, wie sie zum Beispiel die ­Schreiner Group in Oberschleissheim bei München herstellt. Die intelligenten ­Labels werden eingesetzt, um die Echtheit des Produkts nachzuweisen und als Schutz vor Manipulation. Zum Einsatz kommen unterschiedliche Barcode-Varianten und 2-D-Codes, Hologramme, Druckfarben mit Spezialpigmenten und Mikropartikeln oder Kippfarben, die je nach Blickwinkel einen anderen Farbeindruck bieten.
Für den Echtheitsnachweis dient beispielsweise das nur wenige Quadratmillimeter grosse Kopierschutzmuster "Bit­secure" der Schreiner Group. Es kann in jedes normale Etikett integriert werden. Kopiert ein Fälscher das Muster, ist die ­Kopie technisch bedingt weniger präzise und detailreich. Die Abweichungen können mithilfe eines Handscanners oder Smartphones und entsprechender Software identifiziert werden.
Ein weiteres Verfahren, um zusätzliche Hinweise auf Verpackungen aufzubringen, ist "Printed Electronics". Das Unternehmen Xerox bedruckt dazu beispielsweise Etiketten mit kleinen Schaltkreisen. Auf dem bis zu 36 Bit grossen Speicher ist Platz für Chargen- und ­Seriennummern, Mindesthaltbarkeitsdaten oder auch für geografische Informationen.

Kommunikation über Augmented Reality

Online-Händler können smarte Verpackungen sowohl für die Logistik als auch für Marketingzwecke nutzen. Ein Beispiel: Das Schweizer Unternehmen Yamo verschickt Babynahrung. Versendet werden die Breie und Smoothies in Kartons mit ­Sicherheitsverschluss, die der Verpackungshersteller Thimm für das Start-up entwickelt hat. Der integrierte Sicherheitsverschluss aus Wellpappe garantiert dem Empfänger den versiegelten und unversehrten Transport der Ware.
Die Verpackung ist mit dem Firmenlogo von Yamo bedruckt - aber das ist noch nicht alles: Zusätzlich befinden sich auf der Schachtel unsichtbare, ins Druckbild integrierte Codes. Der Code wird wie ein nicht wahrnehmbares Wasserzeichen über das Druckbild der Box gelegt.
Er wird erst sichtbar, wenn der Kunde zum Smartphone greift. Mithilfe einer App und der Kamera auf seinem Smartphone erhält er Zugang zu weiteren Informationen, Promotions und Werbevideos. "Es ist egal, wohin der Kunde das Smartphone oder sein Lesegerät hält", erklärt Denise Hoffmann, Referentin Marken- und Unternehmenskommunikation bei der Thimm Group: "Daher eignen sich diese Codes auch sehr gut für die Produktlogistik, als Sicherheitsmerkmal, zur Nachverfolgung im Distributionskreislauf oder allgemein für einen schnelleren Scanvorgang."
Diese Möglichkeit, mittels der Verpackung zusätzliche Informationen bereitzustellen, wird als "Extended Packaging" (erweiterte Verpackung) bezeichnet. An einer Extended-Packaging-Lösung für Weinliebhaber arbeitet beispielsweise das australische Start-up Third Aurora: Ein Tool des Unternehmens übersetzt Weinetiketten in die Landessprache der Verbrauchers. Die Übersetzung wird in das Layout des Originaletiketts eingepasst – aber nur virtuell. Damit ein chinesischer Weintrinker das englische Etikett in seiner Sprache und Schrift lesen kann, benötigt er ein Smartphone und die zugehörige App. Mitgründer Dave Chaffey erläutert auf der Unternehmenswebseite wie das geht: "Künstliche Intelligenz liest und interpretiert den Inhalt. Augmented Reality projiziert den neuen Text auf das Label."
Auch Informationen über die Verpackung selbst können auf diese Weise abgerufen werden, zum Beispiel zum Recycling oder zu den beigelegten Isolationsmatten und Kühlpads.

Noch ganz am Anfang

Im Gegensatz zur Lebensmittel- und Pharmaindustrie steht Smart Packaging im ­E-Commerce ganz am Anfang. Das mag an den relativ hohen Kosten liegen - aber auch daran, dass noch nicht geklärt ist, wie die smarten Verpackungen am besten recycelt werden können. Wenn technische Elemente wie RFID-Chips an der Verpackung aufgebracht sind, ist der Karton zwar Altpapier, die RFID-Tags aber nicht.
Experten bescheinigen den intelligenten Verpackungen grosses Potenzial für Logistik und Marketing. Katrin Pavelka, Leiterin Public Relations & Social Media bei Rajapack, beschreibt die vielen unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten im Online-Handel: "Ich kann Kunden individuelle Nachrichten mitschicken. Ich kann Aufbauanleitungen und -videos anhängen, Inhaltsstoffe auflisten, den Kunden direkt zu einer Bewertung des Produkts führen, ihn mit Gewinnspielen oder sonstigen Interaktionsdingen versorgen - oder eben einfach einen schönen Tag und viel Spass beim Auspacken wünschen."



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