Retoure - und was jetzt?

Die Retourengründe - Chance zur Optimierung?

Laut der EHI-Studie erfassen 83 Prozent der Unternehmen, die im E-Commerce agieren, die Gründe für Retouren. Davon leiten 70 Prozent aus den Kundenangaben Massnahmen für Optimierungen ab wie zum Beispiel detailliertere Produktinformationen. Für Kisura ist die Retoure sogar essenziell, um mit den daraus gewonnenen Informationen das Kundenprofil zu komplettieren. Jede Analyse der Retoure ist ein weiterer Schritt, um die Kundin noch besser kennenzulernen und auch für die Serviceoptimierung ist sie äusserst wichtig: "Wir konnten feststellen, dass es grosse regionale Unterschiede gibt. Das, was man in Berlin unter sportlicher Kleidung versteht, ist nicht gleichbedeutend mit dem, was zum Beispiel in München darunter verstanden wird", erklärt Linh Nguyen, Gründerin von Kisura.
Auch das Unternehmen Brands4Friends analysiert die Retourengründe seiner Kunden sehr genau. Es ermittelt, welche Marken, Farben und Passformen von den Kunden gewünscht werden, und zieht hieraus Konsequenzen für das Warensortiment. Des Weiteren pflegt Brand4Friends mit seinen über 1.400 Markenpartnern ­einen direkten Austausch zu den Retourenangaben und optimiert hiernach kommende Kampagnen gemeinsam mit den Partnern. Das Musikhaus Thomann hat sogar ein eigens programmiertes System, um Statistiken zu den Retourengründen zu erstellen. "Wir ermitteln ­damit die Attraktivität und Qualität von Artikeln. Zudem bauen wir auf dieser Grund­lage FAQs auf, um unsere Kunden weiter zu unterstützen", sagt Jochen Dümmel.

Wohin mit der B-Ware?

Im Schnitt kann jede zehnte Rücksendung nicht mehr ­regulär wiederverwendet werden, so die Ibi-Research-Studie. Mal weist die Retoure Schäden auf, deren Behebung zu teuer wäre, mal lohnt sich vor allem bei sehr günstigen Waren eine ausführliche Prüfung nicht. Mit unverkäuflichen Retouren wird grundsätzlich sehr unterschiedlich verfahren. Die Otto Group besitzt beispielsweise das Tochterunternehmen Corso, das sich auf die Zweitvermarktung von Waren spezialisiert hat. Im Rahmen der B-Waren-Vermarktung arbeitet Corso mit 20 Firmen der Otto Group und seit 2011 auch mit Unternehmen ­ausserhalb der Gruppe zusammen. Corso übernimmt B-Waren unterschiedlicher Art (Retouren, Restposten etc.) und vermarktet sie auf B2C- und B2B-Kanäle. "Leistungs- und Artikeldaten - historisch oder aktuell - sind von überragender ­Bedeutung für eine erfolgreiche Zweitvermarktung. Eine gute Datenlage reduziert Risiken und verbessert die Vermarktungschancen. Das wird von vielen Firmenkontakten noch übersehen", sagt Clemens Heilmann, Geschäftsführer von Corso.
Das Musikhaus Thomann hat für retournierte Artikel, die nicht mehr regulär oder rabattiert verkauft werden, ein mehrstufiges Vermarktungssystem entwickelt. Der E-Commerce-Händler hat sogar eine Kategorie für "Deko-Ware" eingeführt, unter der Kunden nicht mehr spielbare Instrumente als Dekorationsgegenstände erwerben können. Zudem verkauft der Shop ­beschädigte Instrumente auf Ebay und veranstaltet einmal im Jahr einen Flohmarkt.
Das Curated-Shopping-Portal Kisura verfährt mit unverkäuflicher Ware ähnlich kreativ wie das Musikhaus Thomann. Monatlich finden bei Kisura sogenannte "Sample Sales" im Kollegenkreis statt. "Da die meisten Kollegen aus dem Styling Team nähen und schneidern können, sind kleine Makel schnell behoben", sagt Linh Nguyen. Zudem finde einmal im Jahr ein Treffen mit anderen Start-ups statt, bei dem Mode abverkauft und getauscht werde. Die Artikel, die dann noch vorhanden sind, spendet das Start-up.




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