Echtzeitüberweisungen 22.05.2017, 11:07 Uhr

Instant Payment: Sekundenschnell Geld im Shop

Mit der Einführung von Echtzeitüberweisungen will die EU den Zahlungsverkehr ­beschleunigen. Diese Instant Payments werden den Handel nachhaltig verändern.
(Quelle: Shutterstock.com / StockFrame)
Vorhang auf für Instant Payments: ­Relativ unbemerkt von der breiten ­Öffentlichkeit arbeitet die EU seit drei Jahren an einer Neuerung im Zahlungsverkehr. Auf Basis der SEPA-Überweisung will sie Instant Payments einführen, also Überweisungen in Echtzeit. Ziel ist, die heute noch üblichen Laufzeiten von Überweisungen von ein bis zwei Tagen im natio­nalen und von sieben bis zehn Tagen im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr auf wenige Sekunden zu verringern. Der Startschuss für die Einführung fällt in diesem November. Ab diesem Zeitpunkt können Banken die schnellen Überweisungen ausführen - zumindest theoretisch. 

Tests in erlauchtem Kreis

Denn, wie so oft in der EU, wird auch hier die Einführung der neuen Regelungen etliche Jahre dauern. Grund dafür ist, dass die Teilnahme der Banken grundsätzlich freiwillig ist. Von den mehreren Tausend Geldinstituten in der EU haben sich bislang 39 für den Einstieg in Instant Payments entschieden. In Deutschland sind die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Hypovereinsbank/Unicredit und die Hessische Landesbank mit im Boot.
"Die ersten Tests zum Jahresende werden also in einem sehr erlauchten Kreis stattfinden", betont Ernst Stahl, Research Director beim Institut Ibi Research an der Universität Regensburg. Als Leiter des Competence Centers "E-Business" hat er dort die Studie "Instant Payments - eine neue Revolution im Zahlungsverkehr?" geleitet. Ein wichtiges Studienergebnis: Das Interesse von ­Unternehmen ist gross und auch deutlicher erkennbar als das von Privatpersonen. Dennoch können sich auch die Verbraucher gut vorstellen, Instant Payments zu nutzen. Für beide Seiten ist das Gebührenmodell ausschlaggebend für die Akzeptanz. 

Grösster Vorteil ist die schnelle Verfügbarkeit

Den grössten Vorteil sehen Unternehmen wie Verbraucher in der schnellen Verfügbarkeit des Geldes. Daher wünschen sie sich Instant Payments gerade auch für den Online-Handel. "Wenn ein Kunde am Freitagmittag etwas bestellt, es am Samstag geliefert bekommt, Teile der Ware am Montag zurückschickt, ist die Retoure schon beim Händler, noch bevor eine Lastschriftzahlung überhaupt eingezogen wurde", verdeutlicht Stahl. 
Doch dieser Nutzen wird nicht für alle Branchen und Zielgruppen gleichermassen gelten: "Für die Fashion-Branche mit ihren hohen Retourenquoten und einer weiten Verbreitung des Kaufs auf Rechnung wird Instant Payments nicht so wichtig sein", meint Sebastian Gebele, Director Marketing beim Payment Service Provider Heidelpay, "im Online-Lebensmittelhandel, wo es auf eine schnelle Lieferung und damit auch auf eine schnelle Zahlung ankommt, dagegen schon." Ausserdem rechnet er vor allem bei solchen Zielgruppen, die Zahlarten wie Paypal nicht so häufig einsetzen, mit grösserer Akzeptanz. ­Gerade für ältere, nicht so Internet-affine Online-Shopper sei eine ­sekundenschnelle Überweisung eine Alternative. 

Grosse internationale Reichweite

Letztlich ist aber jeder, der ein ­Bankkonto besitzt, ein potenzieller Instant-Payments-Nutzer - und dieser Faktor ist bei 340 Millionen Einwohnern im Euro-Raum nicht zu unterschätzen. "Wenn ich mit einem Zahlungssystem jeden Kontoinhaber im Euro-Raum mit einer sicheren, einfachen Zahlung erreiche, ist das schon etwas Besonderes", hebt Ralf Gladis, Geschäftsführer des Payment Service Providers Computop, hervor. Seiner Meinung nach wird Instant Payments deswegen insbesondere für international aufgestellte Online-Händler wichtig werden. 

Über alle Kanäle einsetzbar

Ein weiterer Vorteil von Instant Payments ist die Einsetzbarkeit über alle Kanäle hinweg, also egal, ob im Web, im stationären Laden, im Mobile-Shop oder einer App. Monika Holdenrieder, die sich als Leiterin der Abteilung Treasury beim Multichannel-Händler Weltbild mit dem Thema ­beschäftigt, würde Instant Payments gern in einem ersten Schritt in den Filialen, später dann im Webshop einführen. 
Der Grund: Die einzelne Kaufsumme in den Weltbild-Filialen ist nicht so hoch, daher bezahlen die meisten Kunden eher bar als mit Karte. Das Handling und die Entsorgung von Bargeld wird aber immer komplizierter und teurer, da viele Banken ihr Service-Angebot für die Händler drastisch eingeschränkt haben - etwa bei der Beschaffung von Wechselgeld. Doch sie sieht auch, dass viele Kunden sich nur ­ungern vom Bargeld trennen - auch, weil viele die Anonymität von Barzahlungen schätzen. Vielen bereite die lückenlose Dokumentierbarkeit von elektronischen Zahlungen Unbehagen. Für Holdenrieder ist daher auch wichtig, ob der Kunde bei Instant Payments für den Händler auch anonym bleiben kann. 

Detailfragen müssen noch geklärt werden

Diese Frage hängt wie viele andere von den Spezifikationen ab, die derzeit noch erarbeitet werden. So sind viele Einzel- und Detailfragen noch nicht abschliessend geklärt, zum Beispiel wer wie viel für eine Echtzeitüberweisung bezahlen muss. Prinzipiell ist die Überweisung ein relativ günstiges Zahlverfahren, da für die Abwicklung keine Drittanbieter nötig sind, die mitverdienen. 
Zudem ist es erklärtes Ziel der EU, die Gebühren für Instant Payments überschaubar zu halten. Damit könnte die schnelle Überweisung günstiger werden als beispielsweise Lastschriftzahlungen, zumal sie so gut wie keine Zahlungsausfälle produziert. Und ein attraktives Gebührenmodell könnte durchaus  Bewegung in den Payment-Markt bringen: ­"Instant Payment wird zwar keine der etablierten Bezahlverfahren verdrängen, aber ein sichtbarer Shift bei den Marktanteilen einzelner Zahlarten ist durchaus möglich", meint Sebastian Gebele von Heidelpay.  
Offen ist auch noch, ob und wie Zahlungen ab einer gewissen Höhe zusätzlich ­authentifiziert werden müssen. Ebenso ungeklärt ist die Frage, ob es bei der derzeit definierten Obergrenze von 15.000 Euro je Überweisung bleiben soll. Dies ist vor allem für den B2B-Bereich von grosser Bedeutung, weil dort oftmals grössere Beträge überwiesen werden. Im B2B-Handel sehen Monika Holdenrieder und ­Sebastian Gebele langfristig denn auch den grössten Nutzen von Instant Payments. 




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