Übernahmen im E-Commerce 10.06.2016, 09:05 Uhr

Heisser Kauf-Markt: Technologie gefragt

Das Übernahmekarussell in der E-Commerce-Branche dreht sich derzeit mit hoher Geschwindigkeit. Doch warum kaufen Unternehmen andere auf? Ein Blick auf die Hintergründe bei den aktuellen Deals.
(Quelle: shutterstock.com / Vector Draco)
Salesforce übernimmt Demandware, Descartes kauft Pixi Software, Zalando übernimmt Tradebyte, Sistrix schluckt Seolytics, der Pro-Sieben-Konzern übernimmt Stylight - kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein mehr oder weniger namhaftes Unternehmen den Besitzer wechselt. Und das oftmals zu Preisen, bei denen man sich die Augen reibt.
Doch was steckt hinter den Übernahmen? Bei einigen Deals geht es schlicht um Marktbereinigung. Ziel ist es, einen Wettbewerber zu eliminieren und dessen Kundenstamm zu übernehmen. Ein Beispiel hierfür ist die Akquisition von Seolytics durch Sistrix. Sistrix, laut Seo Monitor die Nummer eins im deutschen Markt der SEO Tools, hat mit Seolytics die Nummer vier geschluckt. Man wolle "die Marktkonsolidierung im Bereich Search Analytics in Europa" einleiten, liess Sistrix verlauten. Die Funktionen beider Tools werden unter dem Dach der Sistrix-Toolbox gebündelt, Seolytics-Kunden erhalten Zugriff auf die Toolbox. Sprich: Der Rivale verschwindet samt Tool in absehbarer Zeit vom Markt.
Solche Akquisitionen machen laut Ralph Hübner aber nur fünf bis zehn Prozent der derzeitigen Übernahmen aus. Der Münchner Berater verantwortet bei dem britischen, auf Firmenübernahmen spezialisierten Beratungsunternehmen Hampleton Partners den Bereich E-Commerce. "Die Unternehmen, die verkaufen, sind heute vor allem auf der Suche nach strategischen, finanzkräftigen Partnern, die das weitere Wachstum garantieren sollen. Die Firmen, die zukaufen, suchen Zugang zu neuen Kundengruppen und Marktsegmenten, kaufen Technologien, Know-how und kompetente Mitarbeiter zu", so Hübners Einschätzung.

Zukauf von Technologie und neuen Kundengruppen

Beispiele dafür sind die Akquisitionen von Aperto und Ecxio im Februar. Die deutschen Digital-Agenturen gingen an die Agentursparte von IBM. Zugang zum deutschen Markt und zu langjährigen Kundenbeziehungen sowie die technologische Erfahrung der Mitarbeiter waren die Hauptmotive seitens IBM. Für die deutschen Web-Schmieden standen eine grössere Schlagkraft für ­immer komplexere Projekte und zukünftiges Wachstum im Vordergrund.
Dieses Motiv trieb auch Gregor Walter, Gründer und Geschäftsführer von Pixi Software, bei der Partnersuche an. "Seit der Gründung von Pixi vor 16 Jahren ist das Unternehmen schön gewachsen. Wir haben ein gutes Produkt, beschäftigen 75 Mitarbeiter. Dennoch haben wir uns viele Gedanken darüber gemacht, wohin sich Pixi weiterentwickeln soll. Und da haben wir schnell festgestellt, dass vieles aus eigener Energie schlicht nicht geht", erklärt Walter.

"Kein Venture Capitialist, sondern etwas solides"

Ziel des Technologieanbieters von Lösungen für die Bestellabwicklung und Warenwirtschaft im E-Commerce war vor allem eine Internationalisierung des Geschäfts. Doch dafür ist Kapital nötig. Deswegen machte sich der Unternehmensgründer auf die Suche nach einem strategischen Partner. "Wir wollten keinen Venture ­Capitalist, sondern etwas solides - und ein Unternehmen, mit dem wir auf Augen­höhe arbeiten können, also eher eine Firma mit 1.000 als mit 10.000 Mitarbeitern", so Walter.
Aufgrund früherer Kontakte holte er den Hampleton-Berater Hübner mit ins Boot. Der machte sich auf die ­Suche nach einem geeigneten Käufer. ­Seine Longlist umfasste 100 Firmen rund um den Globus. Nach einer ersten Sichtung und Kategorisierung standen noch etwa 20 Kandidaten zur Wahl. Es folgten ausführlichere Vorstellungsrunden und persönliche Treffen. "Schliesslich war noch eine Handvoll Firmen übrig. Und da hat sich schnell herauskristallisiert, dass Descartes ein super Partner für uns ist", ­erinnert sich der Pixi-Gründer.



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