Xing: Eine Neuausrichtung mit Schönheitsfehlern

Der Privatkundenbereich stagniert

Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass der Privatkundenbereich stagniert. Überraschend kommt das nicht, das Unternehmen kündigte das bereits im Geschäftsbericht für 2018 an. Bei New Work hat sich inzwischen die Einschätzung durchgesetzt, dass Arbeitnehmer ein anderes Angebot brauchen. Das vermarktet das Unternehmen nun mit vollmundigen Formulierungen: Angesichts der Digitalisierung und dadurch veränderter Arbeitsstrukturen änderten sich auch die Bedürfnisse von Arbeitnehmern, wird argumentiert. Unabhängiges Arbeiten und Work-Life-Balance sind die neuen Stichwörter. Deshalb will New Work auch nicht mehr nur Karrierenetzwerk sein. Mit dem Zukauf von Honeypot im Frühjahr hat Vollmoeller zum Beispiel eine innovative Jobplattform für IT-Experten übernommen, mit Hilfe derer sich Unternehmen bei Arbeitnehmern bewerben.
Das Netzwerk Xing ist im deutschsprachigen Raum Marktführer mit etwa 16 Millionen Mitgliedern. Die US-amerikanische Konkurrenz LinkedIn hat mehr als 645 Millionen Mitglieder in 200 Ländern. Von Expertenseiten heisst es deshalb bisweilen, aufgrund einer internationaler werdenden Arbeitswelt habe LinkedIn die bessere Ausgangsposition. New-Work-Finanzchef Ingo Chu sieht das allerdings anders. Er argumentiert, der Stellenmarkt sei lokal getrieben. Nur wenige Arbeitnehmer seien bereit, für den Job Grenzen zu überschreiten, ausser vielleicht in der Finanzbranche.

Das macht die Xing-Aktie

Nicht nur langfristig orientierte Anleger dürften mit der Aktie in der Vergangenheit ihre Freude gehabt haben. Schwankte die Aktie nach dem Börsengang Ende 2006 noch eine Zeit bei Kursen zwischen 20 und 60 Euro, ging es in den vergangenen mehr als zehn Jahren nahezu ungebrochen in luftige Höhen. Ihr vorläufiges Hoch erreichte die Aktie Anfang Juli bei 380,50 Euro.

Für Analysten war diese Bewertung zu dem Zeitpunkt allerdings bereits ziemlich hoch. Nach Vorlage der jüngsten Quartalszahlen folgte dann für das Papier allerdings der Absturz. Branchenbeobachter sorgten sich vor allem um das Privatkundengeschäft, mancher auch um die Jahresziele. Aktuell notiert die Aktie bei Kursen unter 270 Euro auf dem Niveau von Mitte Februar.

Auf Jahressicht hat die Aktie sogar rund zehn Prozent verloren. Betrachtet man die Zeit seit Jahresbeginn, konnten die Anleger zwar ein Plus von gut 13 Prozent einstreichen - im Nebenwerteindex SDax schafft es die Aktie damit aber lediglich ins Mittelfeld.

Ansicht der Analysten

Berenberg-Analystin Sarah Simon revidierte nach dem von den Quartalszahlen ausgelösten Kursrücksetzer zuletzt ihre Verkaufsempfehlung und plädierte wieder dafür, die Papiere zu halten. Die Ergebnisse hätten bestätigt, dass New Work derzeit trotz der hohen Bewertung eher von einem langsamen Wachstum geprägt sei. Dennoch sei sie sehr überzeugt, dass das Unternehmen sein angepeiltes operatives Ergebnisziel für 2020 erreichen dürfte - egal wie die Umsätze ausfielen. Dank der beständigen Investitionen in neue Produkte und Dienstleistungen rechnet sie aber auch hier noch mindestens für die nächsten fünf Jahre mit einem zweistelligen Wachstum.

Analyst Patrick Schmidt von Warburg Research wies zuletzt darauf hin, dass die jüngste Akquisition Honeypot bislang nur wenig zum Umsatz beigetragen habe. Überhaupt müssten sich die Geschäfte im zweiten Halbjahr beschleunigen, damit das Netzwerk die Konsensprognose eines Umsatzes von 280 Millionen Euro in diesem Jahr erreicht. Das gelte auch für den operativen Gewinn. Das aber könne angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten schwierig werden.

Die Deutsche Bank stufte New Work anlässlich der Übernahme der Jobvermittlungsplattform Honeypot zuletzt von "Buy" auf "Hold" ab, hob das Kursziel aber von 329 auf 335 Euro an. Der Zukauf erhöhe zwar den Umsatz, reduziere jedoch das operative Ergebnis des Karrierenetzwerkes bis 2020, schrieb Analystin Nizla Naizer. Insgesamt wachse New Work weiter in einem wenig durchdrungenen Markt.



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